„Jeder ist jemand“, pflegte ihre Mama zu sagen. Ein Satz, der Senta Berger durch ihr ganzes Leben begleitet, sie vor Hochmut und Arroganz bewahrt hat. Ob als Wiener Antwort auf Sophia Loren, in der Rolle der Buhlschaft im „Jedermann“, als Weltstar, der Kirk Douglas, Alain Delon und Frank Sinatra verzauberte, oder als Fernsehikone aus Serien wie „Kir Royal“, „Die schnelle Gerdi“ und „Unter Verdacht“ – Senta Berger ist sich immer treu geblieben. Das Fundament der Wahlmünchnerin ist die Familie – ihr Ehemann, der Regisseur Michael Verhoeven (82), und die Söhne Simon (48) und Luca (41), die unserer Zeitung ein Doppelinterview gaben.
Wie fühlt sich die Zahl 80 für Sie als Söhne an?
Simon Verhoeven: Surreal. Weil meine Mutter immer noch so eine junge Seele ist, die sich im Laufe der Jahre nicht besonders verändert hat. Ihre Leidenschaft, ihre Neugier aufs Leben – das passt so wenig zu dieser Zahl, aber vielleicht habe ich auch eine falsche Vorstellung von der 80. Luca Verhoeven: Das geht mir genauso. Wenn ich von der Mama träume, dann ist sie immer jung. Mitte 50 – älter wird sie für mein Gefühl nie werden.
Erinnern Sie sich, wann Ihnen als Kind das erste Mal bewusst wurde, dass Ihre Mutter berühmt ist?
Luca: Das war bei den Salzburger Festspielen. Ich war ein kleiner Junge, und eine Fotografenmeute hatte sich auf uns gestürzt und gerufen: „Senta Berger, bitte hierher schauen, Frau Berger, bitte hierher!“ Und ich hab meine Mutter gefragt: Sag mal, wer ist denn diese blöde Senta Berger? (Lacht.) Simon: Ja, das war lustig und so treffend. Für uns Kinder war sie einfach nur die Mama. Die Senta Berger war jemand anderes. Aber ich bin schon auch mit dem Bewusstsein aufgewachsen, dass meine Mutter oft angestarrt wird – im Supermarkt, im Restaurant oder wenn sie uns vom Fußballtraining abgeholt hat.
Wie präsent waren die Berufe Ihrer Eltern in Ihrer Kindheit?
Simon: Sie haben uns schon stark geprägt. Wir haben die Erfahrung gemacht, wenn zu Hause über Film gesprochen wird, dann ist das kein beiläufiges Thema. Da ging’s um alles. Die Leidenschaft für Geschichten und die Schauspielerei ist bei unseren Eltern einfach riesengroß. Und damit haben sie uns angesteckt. Luca: Ja, das Geschichtenerzählen hatte immer einen großen Wert in unserer Familie. Es gibt wenig Menschen, die das so gut können wie die Mama. Egal, ob sie vom Einkaufen kam oder vom Elternsprechtag – sie hatte immer was zu erzählen. Hat unsere Lehrer oder die Gemüseverkäuferin imitiert – liebevoll, nie gehässig. Mit einem guten Blick für Menschen.
Sie sind beide in ihre Fußstapfen getreten – warum?
Luca: Als Kind habe ich gedacht, dass Schauspielerei und Regie die einzigen richtigen Berufe sind. (Lacht.) Vielleicht weil beide so dafür gebrannt haben. Aber die Eltern haben uns auch immer ermutigt, uns alles Mögliche anzuschauen. Ihr Wunsch war, dass wir das machen, was uns am meisten begeistert. Simon: Wir sind auf Sets aufgewachsen und hatten dadurch keine Berührungsängste mit diesen Berufen. Einfacher war es deshalb nicht – im Gegenteil. Als „Sohn von…“ wirst du oft mit der Einstellung konfrontiert: Na, dem werden wir’s zeigen. Schauen wir mal, was der kann.
Gibt es Charaktereigenschaften, vielleicht auch weniger schmeichelhafte, die Sie von Ihrer Mutter geerbt haben?
Luca: Oh ja, den Jähzorn. Ich bin sehr leicht zu provozieren und kann aufbrausend werden, wenn ich mich ungerecht behandelt fühle. Simon: Man kann gut mit unserer Mutter streiten. Sie ist stur und ungeduldig. Und ich bin es ebenso. Gleichzeitig hab’ ich aber auch ihre Neugier und ihren Hunger aufs Leben geerbt.
Wofür sind Sie Ihrer Mutter dankbar?
Luca: Ich bin meinen Eltern sehr dankbar, dass ich die behütetste Kindheit hatte, die man sich nur vorstellen kann. Simon: Ja, diese Basis trägt uns bis heute. Ich bin meiner Mama dankbar, dass sie uns sehr geerdet und gleichzeitig sehr frei erzogen hat. Sie hat uns immer vorgelebt, dass man das Leben mutig angehen muss und das Glück schätzen muss, wenn man es hat.
Was wünschen Sie ihr?
Luca: Eigentlich hätten wir uns alle gewünscht, gemeinsam eine Woche Urlaub in der Wiener Heimat meiner Mutter zu machen. Das müssen wir leider verschieben… Simon: Wir wünschen ihr beide, dass sie so neugierig und jung bleibt, wie sie ist. Und dass sie sich von den Zumutungen des Alters nicht zu sehr irritieren lässt. Sie soll hochleben!
Das Gespräch führte
Astrid Kistner.