Sein letzter Torschrei

von Redaktion

An diesem Samstag beendet Karlheinz Kas seine Karriere als Sportreporter beim BR

VON GÜNTER KLEIN

Am Samstag sind lauter große letzte Auftritte in der Allianz Arena – Hansi Flick, Hermann Gerland, Javi Martinez, David Alaba, Jerome Boateng. Und Karlheinz Kas. Trainer und Spieler verlassen den FC Bayern, und der, der über sie berichtet hat, geht in Rente. FC Bayern München gegen FC Augsburg, das bayerische Bundesliga-Derby – „mein Wunschspiel“, sagt Kas (66), von allen „Kasi“ genannt. Er freut und wundert sich, wie der Bayerische Rundfunk sein Karriereende als Radioreporter ausschmückt: „Da haben sich 15 Leute in einer Sitzung überlegt, was sie alles machen. George Clooney würde in Hollywood nicht einen solchen Abschied bekommen.“

Karlheinz Kas ist mit seiner markanten Stimme, seinem Erzählrhythmus und seiner Begeisterung, die beim BR durchaus gewünscht ist („Mitjubeln, mitweinen“), bundesweit bekannt geworden. Er gehörte zur „Heute im Stadion“-Kernmannschaft (mit Günther Koch, Edgar Endres, Hans-Peter Pull), die auch zu den Auswärtspartien der bayerischen Mannschaften geschickt wurde, damit die Stammhörer ihren vertrauten Sound bekommen. Fast jeder kennt also Kas, doch die wenigsten wissen, dass seine Radiotätigkeit nur ein Nebenjob war. Hauptberuflich war Kas 45 Jahre lang Sportredakteur beim „Trostberger Tagblatt“. „Meine Pflicht. Hörfunk war die Kür.“ Samstag war sein Radiotag.

Dass er Sportjournalist werden wollte, wusste Karlheinz Kas seit den Olympischen Spielen im Jahr 1972 in München. Er hatte dort einen Ferienjob als Eisverkäufer. Es gibt Bilder, die ihn, den 17-Jährigen, hinter Sprint-Doppelolympiasieger Valeri Borsow zeigen. Kas war ein guter Fußballer, aber er wusste, dass es zum Profi nicht langen würde. Den großen Sport wollte er aber unbedingt erleben. Obwohl seine Mutter in ihm den kommenden Wirtschaftsingenieur sah, zog es ihn zur Zeitung. Im Fußball war er aber auch nicht schlecht – Stürmer in der Bayernliga in Rosenheim, er spielte in einem Team mit Alfred Schweinsteiger, dem Vater der Schweinis.

Nach fünf Jahren im Journalismus füllte das Schreiben allein den umtriebigen Kas nicht aus. Er schickte im Jahr 1980 eine Bewerbung an Fritz Hausmann, den legendären „Heute im Stadion“-Moderator. Mit 14 anderen Aspiranten wurde Kas zu einer Probe-Reportage ins Münchner Olympiastadion eingeladen. „Und in den fünf Minuten, in denen ich dran bin, läuft eine Flitzerin aufs Feld. Die erste Nackte in einem deutschen Stadion.“ Reporterglück. Man lobte Kas, er sei einer wie der berühmte Österreicher Edy Finger („I werd narrisch“), doch es dauerte zehn Jahre, bis man ihn auf die Bundesliga losließ. „Ich habe mitgezählt: Von 45 Sportarten habe ich berichtet: Schach, Segeln, Fingerhakeln, Heißluftballonfahren…“

Im Fußball musste ihn der damalige BR-Hörfunkchef Franz Muxeneder in der ARD „mit meinem Dialekt durchboxen“. Damals ein Thema, heute nicht mehr – im Januar 2021 wurde Kas für die Übertragung des Pokalspiels Holstein Kiel – FC Bayern vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) sogar explizit angefordert. Und die langjährige Hörfunkchefin Sabine Töpperwien sagte immer: „Ein Kasi in der Konferenz tut mir gut.“

Er stand halt auch für ein gerüttelt Maß an Emotion. Uli Hoeneß sagte mal zu ihm: „Hoffentlich schreien Sie bei uns auch so rein wie letzten Samstag bei den Sechzigern.“ Mit den Löwen erlebte Kas besondere Momente – wie etwa beim Bundesliga-Aufstieg im Jahr 1994 in Meppen. Er sammelte Stimmen in der Kabine, kam aber nicht raus, weil 500 Münchner Fans reinwollten.

Schwer vorstellbar, dass das Aufhören ihm leicht fallen wird. Doch Karlheinz Kas glaubt, dass er gut ausgelastet sein wird, mit zwei Enkeln mit sportlichen Ambitionen und entsprechendem Transportbedürfnis, mit einem Podcast, Firmenveranstaltungen und Moderationen beim Biathlon in Ruhpolding und bei Marathonläufen in der Region. Er hat übrigens familienintern das Mikrofon übergeben können: Sohn Christopher, der in Wimbledon als Doppelspieler einst im Halbfinale stand, ist Tennisexperte bei Servus TV.

Die Abschiedstour von Karlheinz Kas wird rauschend sein. Er sitzt heute ab 19.05 Uhr bei Bayern 1 mit Thorsten Otto auf der „Blauen Couch“ und hat eine Einladung zu „Ringlstetter“ am nächsten Donnerstag um 22 Uhr im BR Fernsehen – früher als geplant, da Veronica Ferres absagte. „Da verbessert ihr euch“, meinte er zur Redaktion.

Doch jetzt kommt erst noch der Samstag. Das letzte Spiel. Vielleicht mit dem 41. Tor von FC-Bayern-Star Robert Lewandowski. „Mein Torschrei“, kündigt Kas an, „würde so laut, den hört man außerhalb des Stadions.“

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