Wenn die Kinder von Sängerin P!NK eines Tages zu ihr kommen und behaupten, die Kindheit mit ihr als Mama sei grausam gewesen, dann kann sie ihnen die Dokumentation zeigen, die heute auf Amazon Prime Video startet. Und ihnen damit vor Augen halten: Stimmt nicht! Eure Kindheit war der Wahnsinn.
Pädagogisch betrachtet also schon mal ein Gütesiegel für „All I know so far“. Regisseur Michael Gracey begleitet die US-amerikanische Künstlerin darin im Jahr 2019 auf ihrer „Beautiful Trauma“-Tour. Mit dabei sind auch Tochter Willow (damals sieben) und Sohn Jameson (damals zwei). Und natürlich ist das hier mehr als ein Beleg dafür, was für eine coole Socke Alecia Beth Moore (so P!NKs bürgerlicher Name) als Mutter ist – der Film ist eine mitreißende Motivation für alle Frauen, sich nicht einreden zu lassen, dass die Karriere mit der Geburt eines Kindes beendet sein muss.
„Viele Sängerinnen touren nicht mehr, wenn die Kinder klein sind. Weil sie sich nicht vorstellen können, dass das mit dem Muttersein vereinbar ist“, beklagt P!NK. Damit sie es sich vorstellen können, muss es eine vormachen. Sie tut’s. Sie will ihren Traum, Rockstar zu sein, nicht aufgeben, weil ihr Traum, Mama zu sein, wahr geworden ist. Deshalb nimmt sie ihre Kinder einfach mit auf Europatour. Papa Carey Hart natürlich auch.
In Berichten über Harts und P!NKs Ehe wird gern betont, wie großartig er sich als Vater um Willow und Jameson kümmert. Und jedes Mal fragt man sich als Frau, ob schon einmal bei männlichen Stars, die ihre Familie ebenfalls mit auf Konzertreise nehmen, betont wurde, wie wunderbar sich ihre Lebensgefährtinnen derweil hinter den Kulissen um die gemeinsame Brut kümmern. Müßig, die Frage, klar. Aber immer noch berechtigt. Gerade deshalb sind Vorbilder wie die vor Kraft nur so strotzende Alecia Beth Moore so wichtig.
Natürlich wird sie nach der Mega-Show im ausverkauften Wembley-Stadion nicht noch die Wohnung putzen, kochen oder über finanzielle Sorgen grübeln müssen. Doch, das wird im Film deutlich, sie trägt die Verantwortung für ein riesiges Team und arbeitet hoch diszipliniert, fast schon verbissen an ihrer Show und ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit. Daneben noch dafür zu sorgen, dass zwei kleine Wirbelwinde genug Aufmerksamkeit von der Mama bekommen? Löwinnen wie sie schaffen das.
Neben dieser Feier der weiblichen Stärke ist die Dokumentation auch ein sehnsuchtsvoller Blick zurück in eine Zeit, in der Zehntausende im Stadion gemeinsam tanzten, schwitzten, kreischten, sangen, den Moment genossen. Passenderweise erscheint heute gleich noch die CD zum Film. Darauf Liveaufnahmen der „Beautiful Trauma“-Tour, dazu die zwei neuen Singles „Cover me in Sunshine“ (im Duett mit Tochter Willow) und „All I know so far“. Beides ebenfalls letztlich Botschaften an ihre Kinder.
Und an alle kleinen und großen Träumer da draußen, die sich die Worte der Sängerin aus ihrer ebenfalls auf der CD zu hörenden Rede bei den MTV Awards zu Herzen nehmen sollten. Darin erzählt sie, wie Tochter Willow sich bei ihr einmal über ihr eigenes Aussehen beklagt habe. Andere fänden, sie sähe aus wie ein Junge. Und wie reagierte P!NK? Sie präsentierte dem Mädel eine Bilderschau von lauter Rockstars, die einfach gemacht haben, was ihrer Natur entsprach. Die sich nicht verbiegen ließen. Genau wie ihre Mama. „Siehst du mich die Haare lang wachsen lassen, weil es andere wollen?“ – „Nein.“ „Siehst du, dass ich meinen Körper für andere verändere?“ – „Nein.“ „Siehst du, dass ich weltweit Stadien mit meiner Art fülle?“ „Ja!“ Keine weiteren Fragen.