Coolness. Klasse. Contenance.

von Redaktion

Mit der 23-jährigen Alex kürt Heidi Klum eine bemerkenswerte Kandidatin zu „Germany’s Next Topmodel“

VON BRITTA SCHULTEJANS

Der Ablauf ist eigentlich seit mehr als anderthalb Jahrzehnten klar: Heidi Klum schrillt „…und Germany’s next Topmodel ist…“. Dann setzt sie ein, macht zwei Kunstpausen und schreit schließlich einen Namen. Die Trägerin dieses Namens schlägt sich sogleich die manikürten Hände vors Gesicht und bricht in Freudentränen aus. Nicht so 2021. Alex weint nicht. Die Siegerin der Castingshow beweist einmal mehr Coolness, Klasse und Contenance und sagt im ersten Interview nach der Siegerehrung: „Ich geh’ jetzt erst mal ’n Schnitzel essen.“

Die 23 Jahre alte, 1,84 Meter große Studentin aus Köln setzte sich am Donnerstagabend im Finale der ProSieben-Show in Berlin durch gegen das Große-Größen-Model Dascha, die erklärte Favoritin Soulin und die rot gefärbte Romina. Ein verdienter Sieg – nicht nur, weil Alex im Finale selbst (fragwürdige Kostüme hin oder her) die mit Abstand überzeugendste Leistung ablieferte, sondern auch, weil sie in der gesamten Staffel trockenen Humor bewiesen und weise Worte gesagt hatte.

„Diversity“, also Vielfalt, war das Motto der „GNTM“-Staffel Nummer 16. Bei Transgender-Model Alex stand ursprünglich mal „männlich“ in der Geburtsurkunde, darum wollte sie aber nie viel Aufhebens machen: „Ich hab’ am Anfang immer gedacht, meine Geschichte ist immer schon auserzählt, wenn man meine Stimme hört“, sagte sie. Und: „Ich bin eine transsexuelle Frau, ja. Aber in erster Linie bin ich eine Frau.“

Besonders an den vier Finalistinnen war, dass sie alle ob des Finalausgangs weitgehend ungerührt wirkten. Die 21 Jahre alte Romina beispielsweise musste zwar als Erste am Donnerstagabend gehen, darf sich aber auch so über Hunderttausende neue Instagram-Follower freuen, die zu ihren ursprünglich schon 85 000 dazugekommen sind. 512 000 sind es am Finalabend auf ihrem offiziellen „GNTM“-Account.

Und auch die 21 Jahre alte Dascha hat – wie Soulin (125 000 Abonnenten auf Instagram) – das Maximum an Sendezeit rausgeholt, in der Staffel einige Modeljobs an Land gezogen und 237 000 Instagram-Follower, fast so viele wie Gewinnerin Alex (244 000). Wer braucht da noch den Titel? Und wer will noch Heidis „Meeedchen“ sein, wenn man auch eine selbstbewusste junge Frau sein kann?

Das „Topmodel“-Finale lässt ohnehin einige Fragen offen: Wer hatte die Idee, dass Tokio Hotel, die Band von Klums Ehemann Tom Kaulitz, unter ihrem Kleid hervorkommt? Warum müssen die Finalistinnen als Blumenvasen über den Catwalk laufen? Warum gibt es eine Backstage-Moderatorin, wenn backstage niemand ist? Warum hieß es auf der Instagram-Seite kurzzeitig, die spätere Siegerin Alex sei raus? Die Antwort: ein Versehen. Sei’s drum. Der Quote haben all diese Fragen nicht geschadet. In der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen war das Finale mit mehr als 25 Prozent das beste seit Jahren. Insgesamt schauten fast drei Millionen Menschen zu.

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