„Wenn sich reiht Skandal an Drama, war’s wohl wieder ,Panorama‘“, dichtet Anja Reschke zum 60. Geburtstag von Deutschlands ältestem Polit-Magazin. Seit 20 Jahren moderiert die ausgezeichnete Journalistin die Sendung, die am 4. Juni 1961 im Ersten Premiere feierte. Einen Rückblick auf die oft brisanten Beiträge, die so eng mit der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, liefert Frontfrau Reschke heute um 21.45 Uhr.
In der Jubiläumsausgabe setzt sich die gebürtige Münchnerin mit den Argumenten der „Panorama“-Kritiker auseinander und nimmt Schlagworte wie Staatsfunk, Lügenpresse und Merkel-TV ins Visier. Dem sichtbaren Unmut der Politiker und Populisten im Archivmaterial nach zu urteilen, hat „Panorama“ im Laufe der Jahrzehnte vieles richtig und nur wenig falsch gemacht. Ein Überblick:
Den ersten handfesten Skandal gibt’s gleich im ersten Jahr der Sendung. Damals berichtet „Panorama“ über die Hintergründe der „Spiegel“-Affäre und die Verstrickungen des damaligen Verteidigungsministers Franz Josef Strauß. „Es schwebt ein Unstern über dieser Sendung“, giftet der Bayer.
Als 1974 die Programm- chefs der ARD in letzter Minute einen Beitrag von Alice Schwarzer über Abtreibung aus der Sendung nehmen, streikt die Redaktion und weigert sich, die zensierte „Panorama“-Ausgabe zu moderieren. Daraufhin gibt „Tagesschau“-Sprecher Jo Brauner eine Erklärung des Teams ab und verliest die Texte zu den einzelnen Beiträgen.
Berichte über die Proteste gegen das Atomkraftwerk Brokdorf verärgern die schleswig-holsteinische Landesregierung 1978 so sehr, dass sie den NDR-Staatsvertrag kündigen will. Niedersachsen schließt sich an. Der Sender soll zerschlagen werden. Höchste Gerichte können die Politiker stoppen.
1982 verschwindet während einer Live-Sendung von Stefan Aust ein von ihm erstellter Beitrag, der bis dahin geheime Dokumente über den vom Dienst suspendierten bayerischen Staatsschutzchef Hans Langemann zeigen soll. Eine Rekonstruktion wird am Folgetag ausgestrahlt, das Original ist bis heute spurlos verschwunden.
„Panorama“ spürt in den Neunzigerjahren alte Stasi-Seilschaften auf und bringt zahlreiche Politiker auf die Palme. Bundeskanzler Helmut Kohl wirft den verantwortlichen Redakteuren Vaterlandsverrat vor und weigert sich, mit ihnen Interviews zu machen. „Sie sind doch von ,Panorama‘ – die Sendung hat mit Journalismus nichts zu tun“, poltert der CDU-Titan. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder zeigt sich verschnupft und beleidigt die Kollegen vor laufender Kamera, während ein Parteifreund zusammenfasst: „Für Politiker ist ,Panorama‘ wie Hämorrhoiden.“
Terrorismus, die Verstrickungen des BND in den Irak-Krieg, an dem sich Deutschland offiziell nicht beteiligt – all das beschäftigt die „Panorama“-Redaktion in den 2000er-Jahren. 2011, als die Morde der Zwickauer NSU-Terrorzelle Deutschland erschüttern, spricht „Panorama“ exklusiv mit den Eltern von Uwe Bönhardt und wird dafür ausgezeichnet.
Aber auch ein paar Pleiten musste das Magazin einstecken: Ein 1988 in der Sendung thematisierter Brief des damaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Uwe Barschel, stellt sich 1991 als Fälschung der Stasi raus. Und Ende 2014 sendete das Magazin den Beitrag „Lügenpresse“ trifft Pegida. Wie sich später herauskam, handelte es sich bei dem Interviewten um einen verdeckten RTL-Reporter, der sich dem Journalistenteam nicht zu erkennen gegeben hatte. „Ja, wir machen auch Fehler und müssen uns immer wieder kritisch hinterfragen“, sagt Anja Reschke. „Aber wir sind keine Propaganda-Presse. Wer so etwas behauptet, greift die Grundfeste unserer Demokratie an.“
Die Jubiläumsausgabe
von „Panorama“ läuft
heute um 22 Uhr im Ersten.