„Ich spiele sehr gern böse Rollen“

von Redaktion

INTERVIEW Schauspielerin Ilse Neubauer über ihren Auftritt im neuen Münchner „Polizeiruf 110“

Selten hat der ARD-„Polizeiruf 110“ so viel Münchner Flair geatmet. Die Episode „Frau Schrödingers Katze“ entführt die Zuschauer an diesem Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten ins sommerliche Sendling und unterhält mit einem großartigen Ensemble. Neben Hauptdarstellerin Verena Altenberger glänzen Stephan Zinner, Florian Karlheim, Heinz- Josef Braun und vor allem Ilse Neubauer in dem rabenschwarzen Krimi um Erbschleicherei. Eine Paraderolle für die 78-Jährige.

Bei „Schrödingers Katze“ handelt es sich eigentlich um ein Gedankenexperiment aus der Quantenphysik. Können Sie es erklären?

Nein, das kann ich leider nicht. Ich hab im Internet nachgeschaut. Da war sogar eine Version für Dummies – aber nicht einmal die habe ich verstanden. (Lacht.)

Frau Schrödinger ist mit einer entwaffnenden Gutgläubigkeit gesegnet. Sie auch?

Ein bisschen was davon steckt schon in mir. Mein Sohn sagt immer: „Ilse, du lebst im Lala-Land.“ Wenn wir früher im Urlaub waren, beispielsweise in Mexiko City, dann hat er immer Tasche und Portemonnaie fest umklammert gehalten, während ich sorglos durch die Straßen spaziert bin. Mir ist nie etwas passiert. Und diese Eigenschaft gefällt mir auch an Frau Schrödinger außerordentlich gut.

Schön ist das Spiel zwischen Ihnen und Verena Altenberger als Polizistin – haben Sie das erste Mal zusammen gedreht?

Ja, und es war die helle Freude, weil Verena Altenberger so eine großartige Natürlichkeit besitzt. Ich finde sie einfach toll – beruflich und menschlich. Wir Schauspieler haben ja die Möglichkeit, bei der Arbeit immer wieder außergewöhnliche Menschen kennenzulernen.

Sie selbst sind eine Ikone bayerischer Kultserien wie „Die Hausmeisterin“, „Der ganz normale Wahnsinn“ oder „Irgendwie und sowieso“…

Das ist lieb, dass Sie das sagen, aber so habe ich mich nie empfunden. Vielleicht, weil ich nicht so das Star-Gen und dazu eher die Gabe habe, mich in der Öffentlichkeit unsichtbar zu machen. In den knapp 60 Jahren, die ich jetzt schon spiele, habe ich meine Karriere nicht geplant. Aber wenn ich zurückschaue und mich erinnere, wie ich als junges schüchternes Mädchen angefangen habe, dann denke ich: Ganz nett, Ilse, ganz nett.

Was fällt Ihnen heute bei der Arbeit leichter, was schwerer?

Ich liebe es immer noch zu drehen – aber nicht um jeden Preis. Wenn man mir heute böse oder respektlos kommt, dann gehe ich. Das wäre früher nicht möglich gewesen. Da war ich jung, alleinerziehend und brauchte das Geld. Da hält man schon einiges mehr aus. Diese Freiheit, finanziell unabhängig zu sein, genieße ich heute sehr.

Hat die lange Erfahrung Sie zu einer besseren Schauspielerin gemacht?

Jeder Schauspieler glaubt, dass er besser wird mit dem Alter. Aber manchmal schaue ich alte Filme von mir an, und dann sehe ich, dass ich etwas verloren habe, so eine gewisse Unschuld. Man gewinnt im Leben dazu und verliert auch manches.

Gibt es eine Rolle, auf die Sie noch mal so richtig Lust hätten?

Ich spiele sehr gern böse Rollen, weil ich im Leben aggressionsgehemmt bin. (Lacht.) Aber das ist ja das Schöne an meinem Beruf, dass ich Seiten ausleben kann, denen ich sonst keinen Raum gebe. Generell muss ich einfach Lust haben, eine Rolle zu spielen – besonders, wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich es auch kann. Ich möchte gern alte Menschen spielen, die genau die gleichen Eigenschaften haben wie früher: Die dürfen frech, mutig, verliebt, hinterhältig oder biestig sein. Hauptsache, sie werden nicht nur auf ihr Alter reduziert.

Das Gespräch führte Astrid Kistner.

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