Am Ende entschied der Heimvorteil

von Redaktion

Norbert Himmler wird neuer Intendant des ZDF – Gegenkandidatin Tina Hassel zieht zurück

VON ANNA RINGLE UND RUDOLF OGIERMANN

Krimis sind eines der Markenzeichen des ZDF. Auch die Wahl des neuen Intendanten am Freitag glich zeitweise einem Krimi. Am Ende waren drei Wahlgänge nötig, bis feststand, dass der bisherige Programmdirektor Norbert Himmler neuer Chef des Mainzer Senders wird. Der 50-Jährige übernimmt im nächsten Jahr das Amt von Thomas Bellut (66), der nicht mehr für eine dritte Amtszeit kandidierte.

Himmler hatte mit Tina Hassel (57), Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios, eine starke Gegenkandidatin. Das spiegelte sich auch in den ersten beiden Wahlgängen wider. In der ersten Runde kam der vom sogenannten schwarzen Freundeskreis favorisierte Himmler auf 34 Stimmen, Hassel, die vom roten Freundeskreis nominiert worden war, erhielt 24 Stimmen – es gab zwei Enthaltungen. Die erforderliche Mehrheit im 60 Mitglieder umfassenden Aufsichtsgremium liegt bei 36. Im nächsten Durchgang holte Hassel auf und brachte es sogar auf 28 Stimmen (Himmler: 32).

Hassel selbst sorgte dann für den Durchbruch und zog ihre Kandidatur zurück, was mit Applaus quittiert wurde. „Ich werde an dieser Stelle das Rennen beenden“, sagte sie. „Ich möchte im Sinne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und eines starken ZDF, dass aus einer kleinen Mehrheit eine große Mehrheit wird.“ Sie reite „sehr erhobenen Hauptes hier vom Hofe“.

ZDF-Intendant Bellut lobte Himmler als „ausgezeichnete Wahl für die Zukunft des ZDF. Er steht für Verlässlichkeit, Innovation und Erfolg – das hat er schon als Programmdirektor unter Beweis gestellt.“ Er freue sich auf die Zusammenarbeit, so ARD-Chef Tom Buhrow. Allerdings: „Es hat mich sehr gefreut, dass Tina Hassel so viele Stimmen bekommen hat.“

Wenn Himmler im nächsten Frühjahr sein Amt antreten wird, hat er große Aufgaben vor sich. Das ZDF zählt mit rund 3500 festen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu den größten öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten in Europa. Doch dem derzeit quotenstärksten deutschen Sender drohen wie der ARD massive Kürzungen. Hintergrund ist die von Sachsen-Anhalt blockierte Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Eigentlich wäre der monatliche Beitrag für Haushalte monatlich von 17,50 Euro auf 18,36 Euro gestiegen. Der Fall liegt jetzt beim Bundesverfassungsgericht. Dem ZDF würden ohne Erhöhung jährlich rund 150 Millionen Euro fehlen. Insgesamt nahm das ZDF im vergangenen Jahr gut zwei Milliarden Euro ein.

Für Himmler („Ich brenne für dieses Haus!“) sprach am Ende wohl der Heimvorteil. Sein gesamtes Berufsleben lang arbeitet er in unterschiedlichen Funktionen beim ZDF. Als Programmdirektor sitzt er seit 2012 an einer entscheidenden Stelle. Die Karriere des gebürtigen Mainzers ist verknüpft mit dem Aufbau des Spartensenders ZDF Neo und damit auch mit Impulsen, ein jüngeres Publikum anzusprechen. Das ist seit Jahren ein Kernanliegen des öffentlich-rechtlichen Senders. Auch Jan Böhmermann verdankt seine ZDF-Karriere dem Medienmanager.

In Zeiten sinkender Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wolle er in den nächsten fünf Jahren zeigen, „warum wir unverzichtbar sind“, hatte Himmler bei der Vorstellung seines Konzepts im Fernsehrat gesagt. Dazu wolle er die Vielfalt im Programm steigern. Alle Zuschauer müssten sich im Angebot des ZDF wiederfinden können. Diesem Ziel diene die Steigerung der Nachrichtenkompetenz, speziell eine verstärkte „erklärende Berichterstattung“ sowie „Unterhaltung mit Anspruch“. Grundsätzlich gehe es darum, die Unabhängigkeit und Staatsferne des Senders zu verteidigen.

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