„Eine Nachrichtensendung wie keine andere“ solle „RTL Direkt“ sein, so hatte es der Kölner Privatsender im Vorfeld angekündigt (wir berichteten). Am Montagabend war nun Premiere für Gastgeber Jan Hofer, der nach über 35 Jahren bei der „Tagesschau“ die ARD verlassen und den Sender gewechselt hat. Tatsächlich war es eine Nachrichtensendung wie keine andere – die Frage ist nur, ob das ein Kompliment ist. Unsere Kritik in Schlaglichtern.
Wie war Jan Hofer?
Als „Tagesschau“-Sprecher hat der heute 71-Jährige Meldungen vom Teleprompter abgelesen, die andere vorher geschrieben haben. Politische Interviews hat er keine geführt. Außer ab und an, wenn er in der Talkshow „Riverboat“, deren Moderator Hofer von 1992 bis 2012 war, entsprechende Gäste hatte. Aber selbst dann ging es in dem MDR-Format eher um das Private, weniger ums Politische. Eine Ausgabe von „RTL Direkt“ ist sicher zu wenig, um Hofers Interview-Kompetenz zu beurteilen. Aber es scheint: Da ist noch Luft nach oben. Auch wenn er seinem Studiogast, der Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, präzise Fragen gestellt hat und (wenigstens einige) Versuche unternommen hat nachzuhaken.
Die Themen
Hier liegt das große Problem der Premiere. Jede Sendung soll vom Thema des Tages dominiert sein, hieß es im Vorfeld. Und das waren gestern nun mal die dramatischen Ereignisse in Afghanistan. Darüber sprach Hofer auch mit Baerbock zu Beginn. Aber er verließ das Thema viel zu schnell wieder zugunsten der vorbereiteten und angekündigten Fragestellung: „Was kostet grüne Politik?“ Auch wenn dieser Komplex redaktionell gut aufbereitet war – etwa mit dem Vergleich, was eine Familie ein Einkauf im Biomarkt kostet und was im Discounter –, war das eben nicht das Thema, das an diesem Tag auf der Agenda oben stand. Besser wäre gewesen, ganz auf Afghanistan zu setzen, vielleicht sogar einen anderen Gast einzuladen – die grüne Politik wäre an einem anderen Tag der Woche sicher auch gut platziert gewesen. So setzte RTL auf Sicherheit statt auf Aktualität. Und packte alles in nur 20 Minuten Sendezeit.
Die Quote
Unspektakulär trifft es wohl am besten. 1,87 Millionen Zuschauer schalteten ab 22.15 Uhr die Sendung ein, was einem Marktanteil von 9,1 Prozent beim Gesamtpublikum entspricht. In der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen kam „RTL Direkt“ auf gut zehn Prozent. Zum Vergleich: Die „Tagesthemen“, die am Montag wegen des „Brennpunkts“ (zu Afghanistan) eine Viertelstunde später begannen, kamen beim jungen Publikum sogar auf 11,3 Prozent. Insgesamt brachte es die ARD-Sendung auf 2,07 Millionen Zuschauer. Nicht zu schlagen ist für beide Formate das „heute journal“ im ZDF. 4,66 Millionen Zuschauer insgesamt, die für 19,6 Prozent Marktanteil sorgten. Das ist eine andere Liga.
Was sonst noch wichtig war
Die Haare! Was ist mit Jan Hofers Haaren passiert? Schlecht gefärbt? Oder einfach nur unglücklich ausgeleuchtet? Jedenfalls wunderten sich einige Zuschauer über Hofers Haupt. Und: Als „Rausschmeißer“ fungierte am Montag Abdelkarim. Der Comedian legte am Ende der Sendung einen halblustigen Auftritt hin – ehe sich Jan Hofer (wie angekündigt ohne Krawatte) mit den Worten verabschiedete: „Machen wir alle das Beste draus.“ Das dürfte vor allem auch für ihn und seine Redaktion gelten.