Anbiedern, gefällig sein liegt ihr nicht. An Glitzer und Glamour hat sie wenig Interesse. An Können und Substanz umso mehr. Beobachtet man Martina Gedeck bei Veranstaltungen auf dem roten Teppich im Blitzlichtgewitter, sieht man schnell, was für eine großartige Schauspielerin sie ist. Denn sie spult derartige Termine mit einer atemberaubenden Souveränität ab. Dabei spürt man, dass sie derlei inhaltslose Auftritte im Rampenlicht eigentlich nicht mag. Sie bleibt gerne im Hintergrund, lächelt eher scheu, spricht überlegt und wirkt inmitten manch hysterisch-aufgeregter Party wie ein Ruhepol. Erst vor der Kamera beginnt ihr Gesicht förmlich zu leuchten, scheint eine zuvor nicht sichtbare Kraft und Spannung von ihr auszugehen.
Ihr Privatleben behält die gebürtige Münchnerin seit dem Beginn ihrer Karriere eisern für sich. Nur wenig ist über Martina Gedeck abseits der Kamera oder Bühne bekannt: In niederbayerischen Landshut aufgewachsen, zog sie mit den Eltern und zwei jüngeren Schwestern in den frühen Siebzigern nach West-Berlin. Gymnasium in Zehlendorf, High-School-Jahr in den USA, Schauspielausbildung an der Hochschule der Künste (HdK) in Berlin. Engagements von Basel bis Hamburg, ehe der Münchner Regisseur Dominik Graf sie 1988 für die Leinwand entdeckt. Es folgen ausnahmslos anspruchsvolle Kino- und TV-Produktionen von der „Hölleisengretl“ bis zum deutschen Oscargewinner „Das Leben der Anderen“, dazu jede Menge Auszeichnungen von Bayerischen und Deutschen Film- und Fernsehpreisen über Grimme bis zur Goldenen Kamera. Allein über Gedecks beeindruckende Karriere ließe sich viel schreiben.
Ihrer Ansicht nach sind Schauspieler in erster Linie Projektionsflächen, erklärte sie in einem Interview. „Ich will mir etwas vorstellen, wenn ich sie auf der Leinwand sehe.“ Je mehr das Publikum über den Menschen hinter der Rolle weiß, umso schwerer kann das werden. „Wenn ich über Sophia Loren nachdenke, dann freut es mich zu hören, dass sie einen Mann und viele Kinder hat, gerne Spaghetti kocht, ab und zu im Garten arbeitet und danach schwarze Fingernägel hat. Das passt zu ihr und ich kann es gut nachvollziehen. Aber ist es wirklich notwendig, diese Informationen zu haben?“ Entscheidend ist für Gedeck allein, dass die Fantasie entzündet wird. „Das hat mit dem Wesen des Künstlers zu tun, nicht mit seinem Privatleben.“
Am 14. September feiert Martina Gedeck, die inzwischen durch ihre großartige Arbeit wie durch ihre kluge Rollenwahl zur deutschen Meryl Streep aufstieg, ihren 60. Geburtstag. Auch wenn die Schauspielerin einer solchen Zahl nach eigener Aussage keine Bedeutung beimisst – Arte und das BR Fernsehen tun es und ehren sie jeweils mit einer kleinen Filmreihe. So lassen sich in der Arte-Mediathek (arte.tv) „Bella Martha“, „Deine besten Jahre“, „Die Wand“, „Sommer ’04“ und „Frau Rettich, die Czerni und ich“ abrufen. Der BR zeigt heute um 23.35 Uhr das Drama „Herzjagen“, am Mittwoch ab 0.30 Uhr Istvan Szabos „Hinter der Tür“ und am Samstag ab 20.15 Uhr alle Folgen von „Oktoberfest 1900“.