„Unterhaltung löst keine Probleme“

von Redaktion

INTERVIEW Giovanni Zarrella über seine neue ZDF-Show, Dolce Vita und Kameras im Privatleben

Gesungen hat er schon in der Pizzeria seiner Eltern, einem größeren Publikum bekannt wurde Giovanni Zarrella im Jahr 2001 als Mitglied der Band Bro’Sis, die in der Show „Popstars“ (damals RTL zwei) gecastet wurde. Als Sänger war der heute 43-Jährige danach lange weniger erfolgreich, im Fernsehen blieb er präsent. Als Nachfolger von Carmen Nebel wird Zarrella, der zuletzt auch musikalisch wieder durchstartete („La vita è bella“, „Ciao!“), ein Schlagerformat moderieren. An diesem Samstag um 20.15 Uhr hat „Die Giovanni Zarrella Show“ im ZDF Premiere.

Kennen Sie eigentlich Vico Torriani noch?

Natürlich kenne ich den noch, ein großer Kollege.

Ab den späten Fünfzigern brachte er ein wenig Italianità ins deutsche Fernsehen. Spüren Sie da eine Verwandtschaft?

Abgesehen davon, dass er Schweizer war, hat Vico Torriani tatsächlich versucht, das Fernweh der Deutschen nach Italien zu bedienen. Interessanterweise spüre ich diese Sehnsucht nach dem dortigen Dolce Vita seit den Siegen beim ESC und der EM wieder ein bisschen mehr. Viele hier bringen Genuss, Entspannung, Lebensfreude ja noch immer mit der Heimat meiner Eltern in Verbindung.

Und das bedienen Sie auch in Ihrer Sendung?

Ich hoffe! Es ist schließlich Teil meiner Aufgabe, das Publikum einer Live-Show wie dieser für zwei, drei Stunden aus dem Alltag zu befreien.

Es gibt dafür einen bösen Begriff, den man gerne mit solchen Shows in Verbindung bringt – Eskapismus, Wirklichkeitsflucht…

Niemand behauptet, dass Unterhaltung Probleme lösen kann. Probleme löse ich allenfalls zu Hause, mit meiner Frau und meinen Kindern. Auf der Bühne versuche ich, für Entspannung zu sorgen, also buchstäblich für ein paar Stunden Druck vom Publikum zu nehmen, denn Druck ist kontraproduktiv, unter Druck brechen Dinge.

Apropos – spüren Sie Druck, auf diesem immer noch wichtigen Sendeplatz am Samstagabend im ZDF ein Millionenpublikum beliefern zu müssen?

Nein, ich betrachte das als großes Geschenk, eine Spielwiese, auf der ich mich austoben kann.

Wobei diese Spielwiese gar nicht Ihr eigenes Biotop ist. Als Mitglied der Castingband Bro’Sis kommen Sie ja eher aus dem Pop. Entspringt der Weg in den Schlager da echter Überzeugung oder doch eher dem Pragmatismus, damit erfolgreicher zu sein?

Ich stehe zu tausend Prozent hinter diesem Weg, denn wer mich kennt, weiß genau: Wenn ich etwas tue, zu dem ich nicht stehe, würde es mir dabei absolut nicht gut gehen. Außerdem ist Schlager im Jahr 2021 nicht das Gleiche wie Schlager im Jahr 1971.

Er ist viel poppiger geworden.

Und klingt darin ganz schön nach dem Italo-Pop der Achtziger, von dem die Leute auch dachten, das sei Schlager. Ist er aber nicht. Es ist Pop. Von Pragmatismus also keine Spur.

Ist es dann Pragmatismus oder Überzeugung, sich so bereitwillig ins Rampenlicht zu stellen, dass sogar während der Schwangerschaft Ihrer Frau ständig die Kameras bei den Zarrellas mitliefen?

Zu der Zeit, 2008, wollten wir eine Sendung machen, die das Schönste zeigen will, was es für einen Italiener und eine Brasilianerin gibt, nämlich eine Familie zu gründen. Wenn das ein Klischee ist – bitte. Aber lieber Klischees von Herzen als Gefühle nach Drehbuch. Damit kann ich mich auch deshalb voll identifizieren, weil uns niemand aufgefordert hat, Dinge zu tun oder sagen, die gescriptet sind. Deshalb gibt es bei aller Bereitschaft, etwas öffentlich von mir preiszugeben, Formate, in denen man mich nie sehen wird.

Das Gespräch führte Jan Freitag.

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