„Zeit, dass sich was dreht“ hat er schon 2006 gesungen. Seit Jahren engagiert sich Herbert Grönemeyer für ein Miteinander in Deutschland und der Welt. Auf der Bühne, in Talkshows, mit sozialen Projekten. Und dann und wann auch im Internet. So wie am Wochenende. Da stellte der 65-Jährige unter dem Hashtag #verantwortungübertragen einen Wahlaufruf online.
Explizit keine Werbung für eine bestimmte Partei soll es sein. Wo Grönemeyer selbst am 26. September sein Kreuz setzt, wird aber doch recht klar. „Begreift man dieses Land als einen Familienbetrieb und die Bevölkerung als Arbeitgeber, so hat die Politik – die Firmenleitung – sich in 16 Jahren Koalition aufgerieben“, sagt der Künstler. Die Regierung sei „verkrustet, träge, mutlos“ – Zeit für einen Wandel also.
Grönemeyer ist ja sowas wie der moralische Motivationscoach der Deutschen. Der Herbert wählt Wörter wie „weiterwursteln“ und richtet sich kumpelhaft an seine Altersgenossen. „Wir über 50 sind bei der Wahl in der Überzahl, also sollten wir mit den Jungen Hand in Hand arbeiten, sie verstehen und ihnen den Rücken stärken“, bittet er. Und schafft es in nur fünf Minuten deutlich zu machen, dass Veränderung auch Fortschritt bedeuten kann und wir keine Angst davor haben müssen. Sondern dass im Gegenteil der Stillstand uns Sorge bereiten sollte. Mehr Vertrauen in frische Köpfe wünscht er sich – wie 1986, als er in „Kinder an die Macht“ sang: „Gebt den Kindern das Kommando!“
Rund 800 000 Mal wurde das Video bereits angeschaut und vielfach gelobt. „Grönemeyer ist der Rezo für Leute über 50“, twittert ein Nutzer begeistert. Ein anderer empfiehlt: „Zeigt das euren Eltern, Großeltern, Tanten, Onkels.“
Flüchtlingskrise, Pandemie, Flutkatastrophe hätten gezeigt, wie wir Menschen im Land zusammenhalten, findet Grönemeyer. Und macht Lust darauf, dieses Miteinander auf alle Bereiche auszuweiten. Mit einem Richtungswechsel voller Energie – „ansonsten werden wir dösig“.
Zum Schluss zoomt die Kamera nah in sein Gesicht. Das ist der Moment, in dem er bittet: „Redet miteinander, hört euch gegenseitig zu und gebt auf jeden Fall euren Stimmzettel ab.“ Sanftes Lächeln. „Das wollte ich loswerden, Gute Wahl!“ KATJA KRAFT