Den tödlichen Schuss bei einem Tankstellenüberfall erleben die „Tatort“-Zuschauer gleich zu Beginn aus der Perspektive der fast völlig blinden Zeugin Rosa Münch. Die Jurastudentin will sich wie jeden Abend an der Tankstelle in Mainz zwei Flaschen Bier kaufen, eine ihrer wenigen Freiheiten zwischen Bibliothek und einengendem Elternhaus. So wird sie zufällig zur Tatzeugin. Mit nur einem Prozent Sehkraft auf einem Auge hat Rosa – überzeugend gespielt von Henriette Nagel – ihr Gehör, ihren Geruchssinn und ihr Gespür geschult und ist damit die unerwartet perfekte Zeugin.
Zweimal schon ermittelte die 50-jährige Heike Makatsch als Ellen Berlinger im Rahmen eines feiertäglichen „Event-,Tatort‘“, zunächst in Freiburg im Breisgau, dann in Mainz. „Blind Date“ heißt der dritte Fall, der ebenfalls in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt spielt und den das Erste an diesem Sonntag um 20.15 Uhr zeigt. Dabei geht es nicht nur um die Aufklärung des Mordes, sondern auch um die Kommissarin als alleinerziehende „und nicht so begabte“ Mutter der kleinen Greta (grandios: Elin Knipchild).
In ihrem Fall kommen Berlinger und Kollege Martin Rascher (Sebastian Blomberg) gut voran. Rosa kann präzise Hinweise auf die Täter geben – eine Frau und einen Mann. Dann erkennt sie auch noch das Parfüm der Frau wieder, einiges spricht dafür, dass sie aus ihrem engsten Umfeld kommt. Obwohl Rosa als Zeugin in Lebensgefahr ist, lehnt sie Polizeischutz kategorisch ab. Zu groß ist ihr Erlebnishunger, ihre Lust auf Risiko und ihre Auflehnung gegen das überfürsorgliche Elternhaus.
So richtig angekommen im der „Tatort“-Familie scheint Heike Makatsch bisher nicht zu sein – was vielleicht am Wechsel des Schauplatzes liegt. Der Freiburger Fall „Fünf Minuten Himmel“ stieß auf ein geteiltes Echo, auch die Zuschauerzahl war mit 7,99 Millionen für ein Debüt nicht überragend. Mehr Zuschauer – nämlich neun Millionen – waren es dann bei „Zeit der Frösche“, dem ersten Fall in Mainz, doch auch hier gab es Kritik. „Man rauft sich die Haare“, schrieb unsere Zeitung.