„Es war ein Schütz’ in seinen besten Jahren…“, rühmt ihn das berühmte Jennerwein-Lied – schlechtere Jahre kamen ja auch nicht mehr für Georg Jennerwein, den sagenumwobenen Wilderer und Frauenhelden. 25 war er, als man ihn im November 1877 mit zerschmettertem Unterkiefer am Peißenberg fand. Wange und Schnurrbart hingen angeblich in einer Fichte hinter dem Toten. Das und die Kugel im Rücken genügten zur Legendenbildung. Noch dazu war er vom ehemals besten Freund Josef Pföderl aus Eifersucht ermordet worden. Man kann sich gut vorstellen, wie heftig ein solches Ende damals die Gerüchteküchen rund ums Tegernseer Tal anfeuerte. Die Mischung aus Wilderertum, tragischer Liebe und Rivalität der ehemaligen Spielgefährten hat den arbeitsscheuen Schürzenjäger zu einem Mythos gemacht. Mit dem wird jetzt aufgeräumt.
Im Münchner Lustspielhaus feiert morgen das Live-Hörspiel „Jennerwein“ seine Premiere. Die Schauspieler Stefan Murr, Heinz-Josef Braun und Johanna Bittenbinder lesen und spielen das Leben des Georg Jennerwein, „von seiner Zeugung bis zu seinem Tod“, wie es im Programm heißt.
„Wir zeigen kein Heldenepos“, betont der vielseitige Stefan Murr, den man aktuell etwa in der „Ibiza-Affäre“ auf Sky sehen kann. „Unsere Idee war nicht, eine weitere Vari-ante der Legende zu erzählen.“ Vielmehr wagen er und das Ehepaar Braun/Bittenbinder einen genaueren Blick auf diesen Kerl, der entschlackt von aller Verklärung, gar kein allzu sympathischer Zeitgenosse zu sein scheint. Konsequenterweise kommt das Jennerwein-Lied in ihrem Abend gar nicht vor.
Murr hat sich ausführlich ins Thema eingearbeitet, viel in Geschichtsbüchern und im Internet recherchiert und stellt gleich klar: „Das Bild vom bayerischen Robin Hood, der zwar wilderte, aber der Obrigkeit gegenüber für die Armen einstand, das lässt sich nicht halten.“ Der Ansatz für den „Jennerwein“-Abend im Lustspielhaus ist ein anderer als der früherer Bearbeitungen des Stoffs für Bühne oder Film: „Wir wollten untersuchen, wie Menschen zu dem werden, was sie sind. Wie formt sie die Zeit, in der sie leben?“ Ernst und ernsthaft ist ihre Herangehensweise, beleuchtet den Krieg und den Hunger, der diese Jahre bestimmte. „Da gibt’s auch düstere Momente auf der Bühne. Es war eben eine düstere Zeit“, fasst Murr zusammen.
Doch dazwischen finden sich lustige Momente, Szenen voller Situationskomik und Humor. Bittenbinder und Braun haben in ihrem ähnlichen angelegten „Tannöd“-Abend bereits den Hinterkaifeck-Fall für die Bühne veredelt. Braun und Murr sind seit 13 Jahren für ihre charmanten Kinderhörspiele („Radio Plapperzahn“) bekannt. „Jennerwein“ ist nun das erste gemeinsame Hörspiel. Und nach der Tournee hoffentlich bald auf CD oder als Mp3 zu haben.