Zwischen Dichtung und Wahrheit

von Redaktion

„TATORT“-KRITIK Frankfurter Kommissare ermitteln mühevoll zwischen den Zeilen

VON ASTRID KISTNER

Wo endet die Fiktion und beginnt die Realität? Eine Frage, die sich die Kommissare Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) in ihrem 14. Fall stellen müssen. „Luna frisst oder stirbt“ ist nicht nur der Titel des „Tatorts“, so heißt auch der sozialkritische Debütroman der 19-jährigen Luise Nathan (Jana McKinnon), die kurz nach ihrer ersten Lesung tot aufgefunden wird. Suizid oder Mord? Die Antwort suchen die Kommissare zwischen den Zeilen.

Ungeduldig darf man als Zuschauer dabei nicht werden: Es wird viel geblättert im krassen Jugendliteratur-Werk, vorgelesen, laut nachgedacht. Janneke und Brix, die in dieser Frankfurter Gesellschaftsstudie auch tadellos als Sozialarbeiter durchgehen könnten, wirken von der Recherche selbst bisweilen erschöpft. Zu bemüht wirkt das Konstrukt, das Regisseurin Katharina Bischof und Johanna Thalmann da geschaffen haben.

Zwei junge Mädchen aus unterschiedlichen Verhältnissen, beide begabt, beide individuell vernachlässigt. Die eine Nachwuchsautorin, die andere ihre ehemals beste Freundin (Lena Urzendowsky ist als Nellie ein echter Lichtblick). Ihre Leben vermischen sich im Roman. Und der Krimi spielt mit optischen Täuschungen, in dem er dieselben Szenen in Rückblenden mit verschiedenen Protagonisten erzählt. Das ist clever, täuscht aber nicht über die Schwächen hinweg, die der Film hat. Gerade in den Spielszenen mit den an sich authentischen, eher beiläufig ermittelnden Kommissaren verliert der Fall sein Tempo. Zeugenbefragungen, Autofahrten, Revierszenen, blättern im Buch – Janneke und Brix können das Gähnen kaum unterdrücken und auch als Zuschauer braucht man für diesen (über-)ambitionierten Krimi dringend einen Espresso.

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