Familiengeschichte

von Redaktion

August und Ana Zirner und ihr gemeinsames Buch „Ella und Laura“, in dem sie ihre Großmütter porträtieren

VON ULRIKE FRICK

Wie haben die Großeltern eigentlich gelebt? Was weiß man noch über ihre Wünsche und Träume, über ihre Sorgen und Nöte? Nicht mehr viel, in den meisten Fällen. So ging es zumindest Schauspieler August Zirner, zuletzt unter anderen in „Gladbeck“ und „Wackersdorf“ zu sehen. Auch seine Tochter Ana, eine bekannte Bergsteigerin, Autorin und Regisseurin, begann, sich mit der eigenen Familienhistorie zu beschäftigen. Irgendwann im Laufe der Jahre setzten August und Ana Zirner ihre Reise in die Vergangenheit dann gemeinsam fort, als Biografie der Großmütter Ella und Laura.

Abwechselnd schreiben Vater und Tochter über diese jede für sich genommen sehr ungewöhnlichen Frauen, zwar beide aus Wien, aber trotzdem grundverschieden, mehr oder weniger kapriziös und energisch, aber beide ungemein stark, selbstbewusst und scharfsinnig. Freundinnen wurden sie zeitlebens nicht. Dafür waren die Unterschiede zwischen der eleganten Kaufhauserbin und der aus einfacheren Verhältnissen stammenden Kostümdesignerin wohl doch zu groß.

Die Idee der Zirners, die Erinnerungen an ihre unkonventionellen Großmütter jeweils abwechselnd zu erzählen, erschwert den Lesefluss anfangs ein bisschen. Erreicht aber gleichzeitig eine hübsch kompakte Form für diese bewegende und absolut mitreißende Geschichte einer jüdischen Familie zwischen Monarchie und Diktatur, zwischen Wien und New York – und das mühsame, kräftezehrende Ringen zweier Frauen um Selbstbestimmung.

Ana und August Zirner können beide lebendig und anschaulich erzählen. Man sieht die erlesen dekorierten Schaufenster der „Maison Zwieback“ und des daneben gelegenen Cafés in der Kärntner Straße genau vor sich. Hört die Klavieretüden Ellas ebenso wie den Stechschritt der heranstampfenden Nationalsozialisten. Alles versehen mit einem leichten Hauch von Estée Lauders Parfüm Azurée. Und fühlt die grenzenlose Enttäuschung August Zirners beim Besuch vor Ort, wenn stattdessen nur noch der gesichtslose Wiener „Apple-Flagshipstore“ an der Adresse zu finden ist, an der bis zu ihrer Flucht vor den Nazis einst seine Familie zuhause war.

Ana Zirner/August Zirner:

„Ella und Laura. Von den Müttern unserer Väter.“ Piper Verlag, München, 348 Seiten; 22 Euro.

Lesung:

Ana und August Zirner sind zu sehen und zu hören am kommenden Sonntag, 7. November, um 20 Uhr im Münchner Volkstheater, Bühne 3. Restkarten an der Abendkasse.

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