Millionen Zuschauer lieben sie als Bibi aus dem Wiener „Tatort“. In dem sehenswerten Film „Faltenfrei“, der heute um 20.15 Uhr in der ARD läuft, spielt Adele Neuhauser einen ganz anderen Charakter: Stella ist eine eiskalte Beauty-Ratgeber-Ikone, der ihre Schönheit über alles geht. Nach einem Unfall kann sie plötzlich hören, was andere über sie denken. Und das ist nicht immer schön… Wir sprachen mit Neuhauser (62) über den Film.
Wie gefällt Ihnen die Vorstellung, dass Sie das hören können, was andere über Sie nur denken…
Um Gottes willen! Ich habe gar nicht so viel Angst davor, dass die Menschen schlecht über mich reden könnten. Ich finde eher, es wird sowieso schon so viel geredet. Wenn man dann noch hört, was eigentlich nicht geredet wird… bitte nicht!
Also sind Sie gar nicht neugierig?
Na klar, manchmal denke ich: Wenn ich wüsste, was meine kleine Enkelin so denkt… Das würde mich schon interessieren. Sie ist drei Jahre alt und mag mich im Moment, glaube ich, eher weniger. Jedenfalls sagt sie manchmal: „Geh weg!“ Ich hoffe und denke, das ist nur eine Phase. Aber es hat mich schon irritiert und auch getroffen. Ich sollte souverän sein, aber ich bin es nicht. Bei Kindern ist es ja ohnehin so, dass sie einem die Wahrheit sagen. Deren Gedanken muss man gar nicht mehr hören.
„Faltenfrei“ erzählt auch vom Bedürfnis, gemocht zu werden. Wollen Schauspieler mehr gemocht werden als andere?
Ich muss gestehen, dass ich gar nicht so viele private Kontakte in der Branche habe. Aber möglicherweise haben Sie Recht, ja. Schauspieler setzen zumindest mehr ein, um diese Liebe zu erlangen. Von mir kann ich nur sagen, dass ich eine sehr ausgeprägte Liebesbedürftigkeit habe. (Lacht.) Und ein sehr ausgeprägtes Harmoniebedürfnis. Ich kann unter Spannungen schlecht arbeiten. Und bin auch verletzlich. Bei der Frage nach dem Schönheitswahn treibt mich aber etwas anderes um.
Nämlich was?
Diese Uniformität. Dass die alle gleich ausschauen mit ihren aufgespritzten Lippen und der Botox-Stirn. Diese aufoktroyierte Maskerade! Und dass gerade junge Frauen die vielen Beauty-Ratgeber verschlingen und denken, dass die irgendeine Relevanz haben. Vielleicht bringt aber auch hier die „Me too“-Debatte einen Wandel nach dem Motto: Eine Schauspielerin muss nicht immer nur jung und schön sein.
Nach einem Unfall hat Stella mit einer geschwollenen Nase zu kämpfen.
Jaaa! Und ich muss sagen, dass mich diese Entstellung schon ein bisschen Überwindung gekostet hat. (Lacht.) Die Stella ist eine Figur, die ich mir erst erobern musste. Im ersten Moment war sie mir unsympathisch. Aber das Tolle ist ja: Mag jemand noch so grausam und eigenartig sein, jeder hat einen liebenswerten Kern. Das herauszukitzeln macht Spaß.
Stella schlittert in eine Krise. Treibt Sie eine Angst um, dass es irgendwann auch für Sie nicht mehr so läuft wie jetzt?
Ich denke immer wieder in Wellen darüber nach, wie meine nähere Zukunft aussieht. Ich freue mich sehr, dass so eine Rolle wie die Stella gekommen ist und diesen schönen Fluss der „Tatorte“ ein bisschen aufwirbelt. Aber natürlich denke ich auch darüber nach: Geht das so weiter? Andererseits ist das eine unsinnige Frage. Es sollte um eine andere Frage gehen: Will ich das überhaupt? So viel arbeiten?
Wollen Sie nicht?
Meine Sehnsucht nach privaten Unternehmungen wird größer. Nach mehr Zeit mit meiner Enkelin. Ich will nicht nur von einem Film zum nächsten.
Aber Sie machen nicht Schluss mit dem „Tatort“?
Neeeinnn! Wir haben gerade erst darüber gesprochen, was an Themen im nächsten Jahr auf uns zukommt.
Interview: Stefanie Thyssen