Murot geistert durch die Traumlandschaft

von Redaktion

Im neuen „Tatort: Das Prinzip Hoffnung“ geht es um die Zeit des Kommissars als Philosophie-Student

VON EVA KRAFCZYK

Die hessischen „Tatorte“ um den LKA-Ermittler Felix Murot (Ulrich Tukor) haben immer ihren eigenen Stil gehabt. Das ist mit „Das Prinzip Hoffnung“, den das Erste am Sonntagabend ab 20.15 Uhr ausstrahlt, natürlich nicht anders. Felix Murot wird in diesem Krimi von seiner akademischen Vergangenheit eingeholt und bekommt oft Gelegenheit, Wittgenstein zu zitieren. Denn in einem toten Obdachlosen erkennt er den einstigen Philosophieprofessor Jochen Muthesius, bei dem er vier Semester studierte und der in dieser Zeit eine Art väterlicher Freund war.

Eigentlich kaum überraschend, dass der eher introvertierte Murot als junger Mann der Philosophie auf den Grund gehen wollte. „Ich war neugierig und wollte was verstehen“, denkt er an die Zeit beim Star der Frankfurter Schule zurück. Doch prägt das „Prinzip Hoffnung“, das er studierte, nicht auch die Suche nach Verbrechern, um wenn schon nicht den Sieg des Guten über das Böse, dann doch wenigstens den Sieg des Rechts zu erreichen? Auch um diese Frage dreht sich Rainer Kaufmanns Film.

Murots Assistentin Magda Wächter (Barbara Philipp) fürchtet, dass die persönliche Beziehung zum Toten Murots Blick trübt, denn der mit Genickschuss getötete Akademiker ist das dritte Opfer einer furchtbaren Mordserie. Zuvor waren ein chinesischer IT-Experte auf Geschäftsreise und ein Gemüsehändler mit türkischen Wurzeln auf die gleiche Art ermordet worden. Beim LKA bricht nun Nervosität aus, erinnern die Taten doch sehr an rechtsextreme Morde wie die der Terrorzelle NSU.

Murot hingegen glaubt nicht, dass Muthesius ein Zufallsopfer war, sondern das eigentliche Ziel – während die anderen Toten das eigentliche Motiv verschleiern sollten. Er vermutet, dass der oder die Täter ihn gezielt herausfordern wollen. Vor dem Mord an dem Gemüsehändler fand er einen Kohlkopf vor der Haustür, vor dem Mord an dem IT-Fachmann wurde ihm ohne Bestellung chinesisches Essen geliefert. „Jemand spielt ein Spiel mit mir“, erkennt Murot.

So geraten die drei Kinder des Toten in den Mittelpunkt der Ermittlungen: Paul (Lars Eidinger), ein exzentrischer Alleinunterhalter. Inga (Karoline Eichhorn), eine Psychotherapeutin. Und Laura (Friederike Ott), die mit dem Geld ihres Vaters eine Stiftung gründete. Als dysfunktional und toxisch beschreibt ein ehemaliger Studienkollege das Leben der Familie, an das die Studenten des Professors einst Anschluss gefunden hatten: „Das war keine Familie mehr, das war nur noch Hass, Gier und Gewalt.“

Auf der Suche nach Verdächtigen, Motiven und Möglichkeiten geht es in Murots Kopf auch ums Prinzip der systemischen Aufstellung, das Inga in der Therapie verwendet, um mit Hilfe von Figuren die Beziehungen von Mitgliedern einer Familie aufzuzeigen. Das macht diesen „Tatort“ mitunter zu einer schrägen Traumlandschaft, während der öffentliche Druck auf die Polizei langsam aber sicher zunimmt. Murot entschließt sich überraschend zum Frontal-Angriff: „Töten Sie mich!“, fordert er vor laufender Kamera.

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