Es kracht – und das nicht nur im Gebälk des alten Hauses, das Gerald Bundschuh (Axel Milberg) quasi blind ersteigert hat. Er, seine Frau Gundula (Andrea Sawatzki) und Sohn Matz (Levis Kachel) flüchten aus Berlin. Seit Eröffnung des neuen Flughafens hält sie im Rotkehlchenweg nichts mehr. Es geht aufs Land, auf 40 000 Quadratmeter Grund in ein Herrenhaus, 1726 errichtet. Das klingt wildromantisch. Ist es auch. Aber nur in Gundulas Träumen.
Weißes Leinen, eine üppig gedeckte Tafel und Gerald als stattlicher Gutsherr – eine in Sepia getauchte Szene verrät dem Zuschauer schon am Anfang der Komödie „Familie Bundschuh – Woanders ist es auch nicht ruhiger“, dass dieses Idyll à la Theodor Fontane Wunschdenken ist. Das Haus ist eine echte Bruchbude und dank Denkmalschutz auch noch ein Groschengrab. Alles Zündstoff für den sechsten Teil der beliebten Filmreihe, den das ZDF am Montagabend um 20.15 Uhr zeigt. Bereits jetzt ist der Film in der Mediathek zu sehen.
Die neue Immobilie der Bundschuhs wird aus Kostengründen schnell zum Mehrgenerationenhaus, denn Geralds Mutter Susanne, Gundulas Mutter Ilse und ihr mittelloser Bruder Hans-Dieter alias Hadi (samt Baby und seiner schwäbelnden Frau Rosi) ziehen mit ein. Indes raunt Möchtegern-Umweltaktivist Matz seinen Eltern entgegen: „Dieses Haus ist ein einziger energetischer Albtraum.“ Wie wahr! Denn hier stimmt nicht nur die Co2-Bilanz nicht. In der Wohngemeinschaft knirscht es gewaltig. Hadis Laktoseintoleranz ist da noch eines der kleinsten Probleme des „Vermieter“-Ehepaares. Familiendrama hier, Baustellenchaos dort – für den Zuschauer ist das ein wahres Fest.
„Woanders ist es auch nicht ruhiger“, merken die Bundschuhs nach ihrem Umzug recht schnell. Und so lautet ja auch der Titel des Films (Regie: Thomas Nennstiel) rund um die Familie, deren Abenteuer sich Hauptdarstellerin Andrea Sawatzki erdacht hat. Erneut eineinhalb Stunden Zeit, um die Figuren samt ihren Ecken und Kanten noch besser kennenzulernen. Absolut unharmonisch geht es etwa zwischen den beiden Müttern, der Lebefrau Susanne Bundschuh und der linientreuen Ilse Schultze, weiter – und dabei harmonieren Judy Winter und Thekla Carola Wied im Spiel erneut umso besser.
Aber auch Andrea Sawatzki braucht keine Worte, um Gundula Bundschuh am Rande des Wahnsinns zu zeigen. Bei permanent bebenden Lippen und dem entsetzten Ausdruck in den Augen verwundert es nicht, dass die „Hausherrin“ kein Land mehr sieht und Hilfe bei ihrem Therapeuten (Uwe Ochsenknecht) sucht.
Tragik und Komik liegen nah beieinander, den Charakteren nimmt man Freud wie Leid ab – mit Vergnügen, weil die Bundschuh-Sippschaft einen vielleicht an die eigene erinnert. Oder eben weil man froh ist, dass die eigene Familie weniger chaotisch ist.