Folgen einer Silvesternacht

von Redaktion

Eine dreiteilige Doku bei RTL plus zeichnet die Ereignisse von Köln und ihren Einfluss auf Politik und Gesellschaft nach

VON PETRA ALBERS

Eigentlich hatte die junge Frau in Köln den Jahreswechsel feiern wollen. Doch auf dem Bahnhofsvorplatz fand sie sich plötzlich von mindestens 20 ausländischen Männern umringt: „Da waren überall Hände, man wurde begrapscht, man wurde beklaut“, schildert sie vor der Kamera. Die berüchtigte Kölner Silvesternacht von 2015 auf 2016 löste international Entsetzen aus – und markierte in Deutschland einen Wendepunkt in der Flüchtlingsdebatte. Die dreiteilige Dokumentation „Die Kölner Silvesternacht“ beim Streamingdienst RTL plus, die heute startet, zeichnet die Ereignisse nach – und die darauffolgende politische Debatte.

Die verschwommenen Handybilder gehen damals um die Welt – junge dunkelhaarige Männer, die im Schatten des Kölner Doms Feuerwerk in eine Menschenmenge schießen. Frauen werden umzingelt, sexuell bedrängt und beraubt. Bei der Staatsanwaltschaft gingen anschließend mehr als 1200 Strafanzeigen ein. Angeklagt wurden letztlich 46 Personen, von denen 36 verurteilt wurden – doch nur zwei wegen sexueller Nötigung. Der Großteil der Beschuldigten kam laut Staatsanwaltschaft aus Nordafrika und nicht aus Syrien, dem Land, aus dem in den Monaten zuvor Hunderttausende Kriegsflüchtlinge in Deutschland Schutz gesucht hatten.

Die Dokumentation versucht, die Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven einzuordnen. Zu Wort kommen Opfer, Täter, Polizisten, Wissenschaftler, Politiker und Journalisten. Im ersten Teil, „Zwischen Wut und Willkommen“, geht es um die sogenannte Flüchtlingskrise in Sommer und Herbst 2015. Die Flüchtlinge aus Syrien, die über die sogenannte Balkanroute nach Mitteleuropa kommen, werden in Deutschland vielerorts mit Applaus begrüßt. Doch es gibt auch skeptische Stimmen, die Rechtspopulisten bekommen Auftrieb. Es gibt brennende Flüchtlingsheime, aber auch Hetze und Gewalt gegen Politiker und Medienvertreter. Journalisten wie Anja Reschke („Panorama“), Tanit Koch („Bild“) und Heribert Prantl („SZ“) berichten von den Ereignissen und hinterfragen auch ihre eigene Rolle.

Der zweite Teil, „Die Nacht der Ohnmacht“, zeigt, wie eine ursprünglich gewöhnliche Silvesternacht in Köln völlig eskalierte. Originale Notrufe dokumentieren die Not der Opfer – und die Hilflosigkeit der Polizei, die viel zu spät und mit viel zu wenig Beamten vor Ort ist. „Als ich dort angekommen bin, hatte ich das Gefühl, mich trifft der Schlag“, erzählt der damalige Einsatzleiter Thorsten Meyer: „Es herrschte eine völlig enthemmte Stimmung.“

Der dritte Teil der Doku schließlich fragt nach den „Folgen einer Nacht“ – in Bezug auf Politik, Medien und gesellschaftliche Stimmung. Die AfD nutzt die Ereignisse, um die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) anzugreifen. Monatelang ist die Debatte um Sicherheit und Fremdheit bundesweit beherrschendes Thema. Fest steht: Die Kölner Silvesternacht hat Deutschland verändert.

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