Trennung, Tanz und Tränen

von Redaktion

INTERVIEW Schauspielerin Svenja Jung über ihre Doppelrolle im ZDF-Dreiteiler „Der Palast“

Es ist stockdunkle Nacht, als Roland Wenninger in den Tagen des Mauerbaus mit Baby Marlene im VW Käfer aus Ost-Berlin in den Westen flieht. Zurück bleibt seine Freundin Rosa Steffen – mit Marlenes Zwillingsschwester Christine. So beginnt der opulente Eventdreiteiler „Der Palast“, der am 3., 4. und 5. Januar jeweils um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt wird und seit gestern bereits in der Mediathek abrufbar ist. Marlene und Christine wachsen also getrennt voneinander „hüben und drüben“ auf. Sie wissen nichts voneinander, bis Marlene, inzwischen erwachsen, geschäftlich von Bamberg nach Ost-Berlin reisen muss und dort eine Revue des berühmten Friedrichstadtpalastes erlebt. Fast trifft sie der Schlag, als sie in einer der Tänzerinnen ihr Pendant entdeckt. Gemeinsam versuchen die Zwillinge, das Familiengeheimnis zu lüften. Dafür tauschen sie sogar ihre Identitäten – ein riskantes Unterfangen in den explosiven Zeiten kurz vorm Mauerfall. Svenja Jung (28) ist in diesem Dreiteiler sowohl als Marlene als auch Christine, genannt Chris, zu erleben.

Wie spielt man mit sich selbst?

Das ist schon verrückt, sehr technisch! In den Szenen, in denen man uns beide sieht, habe ich praktisch mit der Luft interagiert. Mir wurde zum Beispiel der Text von Chris eingespielt, auf den ich dann als Marlene reagiert habe – und dann das Gleiche andersherum mit dem Ton von vorher. Die größte Herausforderung war aber, mich am Set immer wieder in den jeweiligen Charakter, die Bewegungen, die Stimme, in das Erlebte und die daraus folgenden Emotionen hineinzuversetzen.

Sind Sie da nie durcheinandergekommen?

Total. Und ganz ehrlich: Zwischendurch musste ich auch mal überlegen, wer ich, Svenja Jung, eigentlich bin. (Lacht.)

Chris oder Marlene – mit welcher der Zwillingsschwestern wären Sie lieber befreundet?

Ich würde gern mit beiden befreundet sein, käme mit Chris aber besser klar.

Warum?

Chris geht es mehr ums Miteinander, um Gespräche auf Augenhöhe. Sie hat feine Antennen, ist empathisch. Durch das Tanzen hat sie eine großartige Kraft und Ausstrahlung. An Marlene kann man sich hingegen gut reiben, mit ihr diskutieren, sie fordert einen mehr. Beide ergänzen sich – und bewegen sich während der Serie aufeinander zu. Marlene wird sensibler, Chris lernt Haltung – in politischer wie persönlicher Hinsicht. Ich finde, jeder sollte eine Chris und eine Marlene im Leben haben.

Die Produktion spielt 1989. Sie sind 1993 geboren. Wer hat Ihnen geholfen, sich in die Lebensart und das Gefühl dieser Zeit sowohl aus Ost- als auch aus Westperspektive hineinzuversetzen?

Meine Kollegin Anja Kling, die ja als Ostdeutsche noch vor dem Mauerfall flüchtete, hat mir gerade in der Findung von Chris sehr geholfen. Dann kam mir zugute, dass ich mich durch meine Rolle in „Deutschland 89“ mit der Historie schon einmal auseinandergesetzt hatte. Und mit Rodica Doehnert, die das Drehbuch geschrieben hat und selbst im Osten aufwuchs, habe ich fast jeden Tag telefoniert und sie mit Fragen zu Details gelöchert. Durch Regisseur Uli Edel, der aus dem Westen stammt, wurde dann alles ausgewogen ergänzt.

Sie mussten oft nachts drehen, weil der Friedrichstadtpalast renoviert wird. Sind Sie eine Nachteule?

Gar nicht. Alle Szenen, die im Palast zu sehen sind, sind zwischen acht Uhr abends und sieben Uhr morgens gedreht worden – dann kam die Bühnenbauabteilung des Friedrichstadtpalastes. Und wenn du morgens um drei noch mal eine Choreografie tanzen musst und noch mal und noch mal, ist das für alle herausfordernd. Aber es hat sich gelohnt: Nachts auf der Bühne zu tanzen, hat etwas Magisches, Freies, etwas Grenzenloses – und das spürt man in den Szenen.

Das Gespräch führte Katrin Basaran.

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