„Nie den Kontakt zur Erde verlieren. Immer Strecke spüren. Über die Meere mit dem Schiff, denn jeden Meter wollen wir mit all unseren Sinnen wahrnehmen“ – unter dieser Prämisse machten sich Gwendolin Weisser und Patrick Allgaier aus Freiburg im Breisgau im Frühjahr 2013 auf den Weg zu einer Weltreise über am Ende insgesamt 100 000 Kilometer, auf der sie sich selbst mit der Kamera begleiteten. Was zunächst nur als Erinnerung für Familie und Freunde gedacht war, wurde nach der Rückkehr der beiden drei Jahre später zu einem größeren Projekt. Mehr als das. „Weit – Die Geschichte von einem Weg um die Welt“ wurde 2017 im Kino zum erfolgreichsten Dokumentarfilm im deutschsprachigen Raum. Heute um 20.15 Uhr ist er nun bei 3sat zu sehen.
„Wir hatten den Plan, ohne Flugzeug um die Welt zu reisen, egal wie lange es dauern sollte. Und wir wollten so weit in den Osten reisen, bis wir aus dem Westen wieder nach Hause kommen würden“, erläutert Allgaier. Per Anhalter, Motorrad, Bus, Zug oder Schiff oder eben zu Fuß geht es von der Heimat aus ostwärts. In Sibirien erfährt Gwendolin im Sommer 2014, dass sie schwanger ist. Das Paar entscheidet sich dafür, die Reise fortzusetzen und das Kind in Mexiko zur Welt zu bringen. Auf einem Containerschiff überqueren die beiden von Japan aus den Pazifik. In Mexiko kaufen sie sich einen Bulli, in dem sie wohnen und reisen können. Im Frühjahr 2015 kommt Sohn Bruno auf die Welt und verbringt sein erstes Lebensjahr teils in einem angemieteten Haus oder unterwegs in Mexiko und anderen Ländern Mittelamerikas.
Nicht alle Kontinente haben die beiden Weltenbummler am Ende bereist, neben Australien fehlt auch Afrika. Ursprünglich wollten sie von der Südspitze Südamerikas nach Südafrika übersetzen und von dort aus den Kontinent komplett Richtung Europa durchqueren: „Aber während unserer Zeit in Mittelamerika und mit unserem Sohn im Gepäck haben wir beschlossen, dass es Vorrang hat, als Familie die Zeit zu genießen und noch langsamer unterwegs zu sein.“ So ging es von Mittelamerika direkt per Schiff nach Europa zurück.
Immer wieder legt das Paar längere Pausen ein, um in sozialen Einrichtungen für Kost und Logis zu arbeiten. „Einige Kontakte haben wir schon vor der Reise gehabt“, erzählt Allgaier. „Andere sind uns unterwegs zugeflogen, weil wir über andere Reisende Empfehlungen bekommen haben, und sonst haben wir auch das Internet genutzt.“
In gefährlichen Situationen war das Paar nur selten, unter anderem in Pakistan und im Iran. Sie hätten nicht nach dem gesucht, worüber die Medien berichten, erzählen die beiden: „Wir wollten näher dran sein, den gewöhnlichen Alltag der Menschen kennenlernen, für den Moment ein Teil davon werden. Im Iran und in Pakistan zum Beispiel haben wir erfahren, wie gastfreundlich und herzlich die Menschen auf uns zukommen.“ Politik spiele da keine große Rolle mehr, „man ist sich viel näher und ähnlicher, als das die politischen Systeme von außen erwarten lassen“.
Die Kunst, sich ganz und gar auf Land und Leute einzulassen und nicht rastlos auf Achse zu sein, vermittelt sich auch im Film. Zuschauerinnen und Zuschauern wird ein anderes Zeitgefühl nahegebracht, „Weit“ erzeugt auch Aufmerksamkeit für die Schönheit der Natur. Weisser und Allgaier ist es gelungen, kulturelle Grenzen und ganz praktische Hindernisse zu überwinden, indem sie den Menschen vertrauten, die ihnen begegneten.