Was bleibt, wenn jemand für immer geht? Die meisten würden wahrscheinlich antworten: Erinnerungen. Fotos. Dokumente von gemeinsam Erlebtem. Im Fall von Elli bleibt neben all dem: ein großer Koffer voller bunter beschrifteter USB-Sticks. Darauf: hunderte Videos, die die Tochter, Ehefrau und Mutter in den Monaten ihrer Krankheit zuvor aufgenommen hat. Sie möchte ihren Liebsten auch nach ihrem Krebstod zur Seite stehen. Dem Ehemann via Laptop „Gute Nacht“ sagen und erklären, wo sie die Geschenke zum 13. Geburtstag ihrer Tochter versteckt hat. Dem Mädchen selbst Tipps geben gegen die Selbstzweifel, die sie so plagen. Den pubertierenden großen Sohn bei Liebeskummer aufmuntern und den ganz Kleinen trösten, der nach ihrem Tod nachts heimlich ausbüxt und neben dem Grab schläft.
„Nachricht von Mama“ heißt die Serie, die von Elli und ihrer Familie erzählt und ab kommender Woche montags bei Sat.1 im Rahmen einer Aktionswoche gegen Krebs ausgestrahlt wird. Die Handlung mag ein bisschen verkitscht klingen, jede einzelne Folge ist aber ein stark gespieltes, tief berührendes, auch humorvolles Stück Fernsehen geworden, das vom Tod erzählt und dabei das Leben feiert.
Die Hauptrolle als krebskranke Elli, die postum ihre Familie via Video begleitet, spielt – überzeugend und beeindruckend – Jessica Ginkel. Einen Großteil der Szenen drehte die 41-Jährige, bekannt aus Serien wie „Der Lehrer“ und „Die Eifelpraxis“, zwangsläufig allein vor einem Laptop. Eine besondere Herausforderung? „Das war auf jeden Fall spannend für mich“, sagt Ginkel im Gespräch mit unserer Zeitung. „Es bedeutete vor allem eine ganz andere Art der Vorbereitung.“ Eben keine Proben mit einem Kollegen als Gegenüber, sondern tage- und abendelang einsames Textlernen. „Das war ein bisschen Fleißarbeit“, sagt die Berlinerin und lacht. „Umso mehr habe ich dann die Szenen genossen, in denen ich mit meinen Kollegen spielen durfte. Das hatte dann eine andere Dynamik. Aber ich hoffe, dass auch in den Video-Szenen etwas rüberkommt.“
Es kommt. Eine ganze Menge sogar. „Bitte weint nicht, wenn ich nicht mehr da bin“, sagt sie da an einer Stelle und schiebt mit brüchiger Stimme „höchstens ein bisschen“ nach. Da bleibt auch beim Zuschauen kein Auge trocken. Oder wenn sie, die übrigens auch ein Geheimnis hütet (kleine Affären tun der Dramaturgie immer gut!), ihren Mann, großartig gespielt von Golo Euler, um Verzeihung bittet, weil sie ihn und die Kinder allein lässt. Die Behandlung abzubrechen, war schließlich allein ihre Entscheidung. Sie konnte nicht mehr. Wollte die letzten Wochen genießen, nicht, Entschuldigung, kotzend überm Klo hängen.
Wie ist das beim Drehen? Da muss ihr angesichts der Geschichte doch auch ein Kloß im Hals stecken, oder nicht? „Ja, schon“, sagt die Schauspielerin, die mit ihrem Kollegen Daniel Fehlow („Gute Zeiten, schlechte Zeiten“) verheiratet und Mutter zweier Kinder (sieben und drei Jahre alt) ist. „Aber ich war von Anfang an so begeistert von der Geschichte und von den Drehbüchern, dass ich unbedingt dabei sein wollte. Es hat mich einfach gepackt, und dann war es eine große Freude, diese Rolle zu spielen.“
Und macht so ein Film etwas mit einem oder legt man ihn ab wie jeden anderen? „Ich glaube, man nimmt von jeder Rolle etwas mit“, sagt Jessica Ginkel. „Aber in diesem Fall noch mal mehr.“ Es gehe schließlich um das große Thema Tod. „Ich verspüre schon – und durch den Film vielleicht noch ein bisschen mehr – eine große Dankbarkeit, für die Gesundheit, die ich selbst habe und die die Menschen haben, die um mich herum sind.“ Man werde durch die Geschichte von Elli einmal mehr darauf aufmerksam gemacht, dass es irgendwann vorbei ist – „und dass es auch ganz schnell gehen kann“.
Einen Koffer voller Videos hat Jessica Ginkel nach den Dreharbeiten aber nicht vorbereitet. „Nein, habe ich nicht“, sagt sie und lacht. „Aber diese Idee, dass man etwas hinterlassen möchte, die kann ich schon nachvollziehen.“ STEFANIE THYSSEN
„Nachricht von Mama“,
läuft ab Montag um 20.15 Uhr bei Sat.1.