Abschied ohne Ansage

von Redaktion

Anna Schudt alias Martina Bönisch verlässt völlig überraschend den Dortmunder „Tatort“

VON STEFANIE THYSSEN

War das jetzt typisch Frau? Typisch Bönisch? Oder typisch Anna Schudt? Jedenfalls hat die Schauspielerin, die seit 2012 ihrer Kommissarin aus dem Dortmunder „Tatort“ Körper, Gesicht und Stimme leiht, einen Abgang hingelegt, der in die Geschichtsbücher der ARD-Reihe eingehen wird: So überraschend und unangekündigt ist in den vergangenen Jahren keine(r) mehr gegangen. Ein Abschied ohne Ansage! Und ein furioses Finale noch dazu (siehe Kritik).

Es liegt erst wenige Wochen zurück, dass die große Fangemeinde vom Mord am Sonntagabend den Ausstieg von Charly Hübner aus dem Rostocker „Polizeiruf 110“ verdauen musste. Der 49-Jährige hatte seinen Entschluss aber nicht nur reiflich überlegt, sondern mit entsprechendem Vorlauf angekündigt und in Interviews erklärt. Anna Schudt hat sich für das Gegenteil entschieden: den Paukenschlag ohne Vorab-Presse. Und selbst beim WDR, der die Dortmunder „Tatorte“ verantwortet, war man ein bisschen überrascht (und stolz), dass die Mission geheimes Ende bis zum Schluss durchgehalten wurde. Seit gestern Abend wissen es nun aber Millionen Zuschauer: Anna Schudt macht Schluss – und zwar so endgültig, wie es nur geht: Ihre Figur Martina Bönisch ist den „Tatort“-Tod gestorben – nach 22 Einsätzen in der ARD-Kultreihe, erschossen am Ende der Folge mit dem Titel „Liebe mich“.

Das sagt Anna Schudt: Seit dem ersten Fall im Jahr 2012 war Anna Schudt alias Martina Bönisch fester Bestandteil des vierköpfigen Teams vom WDR. „Abschied vom Dortmunder ,Tatort‘ zu nehmen, ist mir sehr schwergefallen“, erklärt die Schauspielerin, die ihr Handwerk an der Otto-Falckenberg-Schule in München gelernt hat, auf Nachfrage unserer Zeitung. Denn im Gegensatz zum häufig angespannten Arbeitsklima in der Dortmunder Mordkommission habe sich jeder Dreh fast „wie ein vertrautes Familientreffen“ angefühlt. Schudt: „Martina Bönisch zu spielen hat einen großen Platz in meinem Herzen eingenommen. Aber ich finde, dass es nach den 22 intensiven Einsätzen der toughen Kommissarin mit all ihren Stärken und Schwächen nun an der Zeit ist, Lebewohl zu sagen.“

Für die 47-Jährige, die mit ihrem Schauspiel-Kollegen Moritz Führmann verheiratet und Mutter dreier Söhne ist, entstehe damit Raum für Neues, auf das sie sich sehr freue. Wie es mit Faber ohne Bönisch und dem Dortmunder Team weitergeht, werde sie von nun an gespannt als Zuschauerin verfolgen.

Wie geht es weiter? Das ist die spannendste Frage: Wie geht es weiter ohne Martina Bönisch? Was wird aus dem von Jörg Hartmann so wunderbar gespielten Kommissar Faber? Faber und Bönisch hatten von Anfang an eine besondere Beziehung, eine, die alle denkbaren Emotionen mitgenommen hat. Auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt Redakteur Frank Tönsmann: „Nach dem Tod von Martina Bönisch werden Faber, Herzog und Pawlak bis auf Weiteres zu dritt ermitteln.“ Martina Bönisch (und Anna Schudt) seien nicht 1:1 zu ersetzen. Wie Faber genau mit dem Tod seiner Kollegin umgeht, möchte Tönsmann nicht vorwegnehmen. Natürlich werde es Auswirkungen haben. Aber Jörg Hartmanns Engagement sei so groß wie eh und je. „Ich kann versichern, dass der Charakter Peter Faber integraler Bestandteil des ,Tatort‘ Dortmund ist und bleiben wird.“

Danke, Anna Schudt! Neben dem sperrigen Faber bleibt nun also nur noch die Erinnerung an eine wirklich gute Kommissarin, gespielt von einer noch besseren Schauspielerin. Alexander Bickel, Leiter des WDR-Programmbereichs Fiktion, bringt es auf den Punkt: „In der eher selten behaglichen und eigentlich nie bequemen Welt des ,Tatort‘ Dortmund verkörpert Anna Schudt mit ihrer Martina Bönisch so etwas wie das Versprechen, dass sich am Ende Verbrechen nicht lohnt, wohl aber Anständigkeit.“ Für die Kreativität und Energie, die Schudt dem Team gegeben habe und für die vielen Stunden berührender, hoch spannender und hoch authentischer Krimi-Unterhaltung schulden wir ihr größten Dank. „Wir verabschieden sie schweren Herzens, aber in großer Verbundenheit.“

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