Deutschland 1991. Auf dem Papier ist die Wiedervereinigung längst vollzogen, in der Praxis knirscht es aber hörbar im deutsch-deutschen Getriebe. Deutlich wird das, als Ermittler aus Ost und West in Berlin plötzlich zusammenarbeiten sollen – in der neuen Zentralen Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität, kurz ZERV, die DDR-Verbrechen aufklären soll. Diese Behörde existierte tatsächlich – ebenso die gegenseitigen Vorurteile unter den neuen Kollegen. Die ARD hat aus diesem Kapitel Polizeigeschichte die sowohl spannende als auch amüsante sechsteilige Serie „ZERV – Zeit der Abrechnung“ gesponnen, die heute um 20.15 Uhr startet. In den Hauptrollen Nadja Uhl und Fabian Hinrichs, die als ost-westdeutsches Gespann in einem Mord ermitteln. Wir sprachen mit Nadja Uhl.
ZERV war die größte Sonderkommission in der Geschichte der Bundesrepublik. Dennoch ist diese Soko weitgehend unbekannt. Ihnen auch?
Absolut. Ich hatte vor den Dreharbeiten noch nie von ihr gehört.
ZERV bekämpfte in der Nachwendezeit Waffenhandel, Mord, Geldwäsche, verfolgte Zwangsadoptionen und stieß auf Geheimdienstdeals – solche Geschichten kennt man sonst aus US-Krimis. Doch offenbar sind sie auch hierzulande ganz real. Hat Sie das erschreckt?
Ich fand es spannend, erschreckt hat es mich nicht. Es sind Themen von Macht und Geld, die so immer wieder und überall geschehen. Einige sind innerhalb der letzten 30 Jahre deutscher Geschichte publik geworden. Man denke nur an den DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski. Deshalb hat es mich nicht erstaunt. Diese Themen sind zeitlos.
Anfangs weist der Behördenleiter darauf hin, man wolle die Fehler der Entnazifizierung nicht wiederholen und möglichst schnell Profiteure zur Rechenschaft ziehen. Ist das gelungen?
Eine ketzerische Frage. (Lacht.) Ich glaube, der Behördenleiter steht symbolisch für all die Menschen, die reinen Herzens an die Demokratie glauben. Sie werden jedoch mit der ernüchternden Erkenntnis konfrontiert, dass an den Hebeln der Macht auch noch andere schalten und walten. Das Filmthema ist ja deshalb so interessant, weil es zeigt, dass die Einführung der bundesdeutschen Demokratie in der ehemaligen DDR nicht so linear verlaufen ist, wie sich das mancher heutzutage wünschen würde.
Wie hat Ihr Elternhaus Sie geprägt?
Ich hatte eine sehr schöne Kindheit in einem sehr normalen, bürgerlichen Elternhaus. Mein Opa gehörte noch zu der Generation, die glaubte, dass die DDR nach dem Krieg der bessere Staat ist. Es gab keine wahrnehmbare Kinderarmut – was ich erst heute zu schätzen weiß. Dann gab es aber auch diese Momente, in denen den Erwachsenen und uns pubertierenden, jungen Menschen klar wurde, dass die gesetzten Grenzen dein Leben beherrschen werden. Das begann damit, dass Menschen trotz ausgezeichneter Noten nicht studieren durften, was sie wollten. Oder dass ich wusste, ich werde nie in diesem Leben Paris, London oder New York sehen. Eine trostlose Vorstellung! Und noch schlimmer als die Repressalien, die man ertragen musste, wenn man sich kritisch geäußert hat, war für mich der Gedanke, dass diese Entscheidungen von mittelmäßigen Leuten ausgingen. Dieser Staatsapparat mit seinem Zentralkomitee war schon hart an der Karikatur – wenn es nicht so traurig gewesen wäre. Ja, das war so ab 14 Jahren ein schwieriges Gefühl für mich.
Wird es denn eine Fortsetzung von „ZERV“ geben? Das Ende lässt diese Hoffnung ja zu. Wären Sie dabei?
Ich würde am liebsten morgen wieder mit dem Drehen beginnen. Die Recherche steht, man könnte Kosten sparen, weil das Fundament ja schon gelegt ist, alles wäre bereit. Leider gibt es noch kein Bekenntnis des Senders dazu. Vielleicht nach der Ausstrahlung.
Das Gespräch führte Katrin Basaran.