Früher war sie als „Tatort“-Kommissarin in Bremen auf Mörderjagd, jetzt kämpft sie als Anwältin für Arme und Außenseiter – Sabine Postel hat als Juristin Isa von Brede in der Serie „Die Kanzlei“ viele Marotten, aber das Herz auf dem rechten Fleck. Im Spielfilmspezial „Reif für die Insel“, das (vorbehaltlich aktueller Programmänderungen) heute um 20.15 Uhr im Ersten läuft, verschlägt es von Brede und ihren Kanzleikollegen (Herbert Knaup) auf eine Ostseeinsel, wo sie prompt kriminelle Machenschaften aufdecken. Außerdem wird ein Geheimnis um Isas Familie gelüftet.
Frau Postel, was, glauben Sie, macht „Die Kanzlei“ so beliebt?
Ein Faktor ist sicherlich, dass mein Kollege Herbert Knaup und ich als Gespann gut rüberkommen. Die meisten Zuschauer einer solchen Serie sind ja selbst keine 20 Jahre mehr, die freuen sich, wenn sie sich in den Hauptfiguren altersmäßig wiedererkennen, wenn lebenserfahrene Menschen in den Hauptrollen agieren. Ein anderer wichtiger Grund ist, dass es zurzeit ja wirklich Krimis ohne Ende im Fernsehen gibt, zugleich ist unsere Realität im Moment sehr belastend, und da sehen die Leute gerne eine Serie, die zwar einen realistischen Anspruch hat, aber auf humorvolle Art doch immer zu einem guten Ende kommt.
Und das aus dem Mund einer Schauspielerin, die viele Jahre lang selber „Tatort“-Kommissarin war?
Ach, ich merke das doch an mir selber. Im Moment, wo wir mit so vielen Problemen zu kämpfen haben – es gibt Corona, die weltpolitische Lage gerät aus den Fugen, die Gesellschaft spaltet sich. Da will ich doch abends nach den Nachrichten nicht noch blutigen Mord und Totschlag sehen. Mein Limit ist da manchmal erreicht. Ich mag dann einfach nicht mehr.
Vermissen Sie denn die Rolle als Kommissarin Inga Lürsen bisweilen, die Sie von 1997 bis 2019 gespielt haben?
Am Anfang nicht so. Inzwischen habe ich aber manchmal ein bisschen Sehnsucht, denn es war doch eine lange Spanne meines Lebens, und die Menschen, die ich für die Filme zweimal im Jahr getroffen habe, fehlen mir. Ansonsten war es, glaube ich, der richtige Zeitpunkt aufzuhören.
Haben Sie nun Einfluss auf die Rollengestaltung bei Isa von Brede?
Die Vorlagen sind so gut, da halte ich mich zurück. Aber bestimmte Macken, die diese Frau hat, ihr Putzwahn, ihr hysterisches Abwischen von Oberflächen, das hatte ich mir ursprünglich selber gewünscht. Leider hat uns die Realität da böse eingeholt. Früher war das skurril, dass Isa von Brede keine Türklinke anfasst, ohne sich danach drei Stunden die Hände zu waschen. In Zeiten von Corona ist das nicht mehr lustig, deshalb haben wir es zuletzt auch reduziert.
Das Gespräch führte Cornelia Wystrichowski.