Jeder, der mit Kindern zu tun hat, weiß: Sie können einem Löcher in den Bauch fragen. Warum ist dies so? Warum ist das so? Kinder fragen ehrlich, ohne Hintergedanken und oft geleitet von Emotionen. Das vorherrschende Gefühl in den vergangenen Tagen, seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine, war: Angst. Kein Wunder, dass der Kinderkanal KiKa, und hier vor allem die Nachrichtensendung „logo!“, mit Fragen zu diesem Thema zugeschüttet wurden. Über 3000 seien eingegangen. Das „logo!“-Team hat die Fragen gesammelt, sortiert – und weitergereicht: an Olaf Scholz. Gestern Abend erklärte der Kanzler den Kindern den Krieg.
Die Frage von Livia und Raffael war dabei wohl diejenige, die die meisten der jungen Zuschauer beschäftigen dürfte: „Kann es durch den Krieg in der Ukraine auch zu einem Krieg in Deutschland oder auf der ganzen Welt kommen?“ Scholz, der darauf verzichtete, sich bei der zehnjährigen Moderatorin des Interviews, Polina, anzubiedern und ihr mit einer angemessenen Form von Augenhöhe begegnete, antwortete zunächst in typischer Scholz-Manier: „Wir tun alles dafür, dass das nicht passiert.“ Und er sei „auch sicher, dass man sich davor nicht fürchten muss“. Kurz ins Stocken geriet der Kanzler dann, als die Frage kam, ob sich Deutschland denn vorbereite auf den Fall der Fälle. „Wir sind vorbereitet zu helfen“, meinte er ausweichend. Und ja, man sei auch „stark, sich selber verteidigen zu können“. Scholz dürfte ganz froh gewesen, dass zu diesem Komplex keine (erwachsene) Nachfrage kam.
Die KiKa-Zuschauer („logo!“ richtet sich an Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren, die Fragen wurden vorab von der Kinderreporterin Polina und der Redaktion gemeinsam ausgewählt) wollten auch wissen, wie sie selbst ganz konkret den Menschen in der Ukraine helfen könnten. Scholz appellierte an die Hilfsbereitschaft der Familien in Deutschland. Sie könnten zum einen Geld spenden („das machen vielleicht besser die Eltern“) und ein „offenes Herz“ haben. Wenn etwa geflüchtete Kinder in den Kindergarten oder die Schule kämen, wäre es nett, wenn man sie unterstütze, zurechtzukommen.
Um etwas Schwere, Angst und Spannung herauszunehmen, wurden im Lauf der gut zehnminütigen Sendung auch Fragen gestellt, die eher unterhaltsamen Charakter hatten. „Was ist Ihr Lieblingseis?“ – „Eine Waffel mit Schoko und Zitrone.“ Oder „Wie viele Krawatten haben Sie?“ – „Ich habe sie nie gezählt, aber vielleicht so 40?“ Und dann wollte Felix noch wissen, wieso Olaf Scholz bei seinen Reden immer so „gefühllos“ rede. Die Frage sei nicht böse gemeint, schob der Bub noch hinterher – da konnte sich selbst der Bundeskanzler eine kleine Regung und ein Lächeln nicht verkneifen. „Das ist sehr nett, dass er die Klammer noch dazu geschrieben hat“, schmunzelte der 63-jährige Norddeutsche. Und erklärte dann: „Ich finde, dass ich sehr gefühlvoll spreche. Jedenfalls ist mein Herz immer dabei.“
Herz hat er an diesem Abend tatsächlich bewiesen, als er sich den Sorgen der Kinder gewidmet hat. Klar, man kann den Auftritt als billigen Populismus abtun. Oder als das nehmen, was es auch sein könnte: ein Zeichen des Respekts für die in der Gesellschaft, die oft – und gerade von der Politik – nicht gehört werden: die Kinder.