„Ich will eine Brücke schlagen“

von Redaktion

Schauspieler Daniel Donskoy (32) über seine ukrainisch-russischen Wurzeln

Seine Mutter stammt gebürtig aus der Ukraine, sein Vater aus Russland. Obwohl Schauspieler Daniel Donskoy selbst größtenteils in Deutschland sozialisiert wurde, wird er in diesen Tagen als Kriegsdeuter betrachtet. „Ich bin in Themen reingeboren worden, die alle ziemlich heikel sind“, stellt der Schauspieler fest, der spätestens seit seiner WDR-Talkshow „Freitagnacht Jews“ als jemand gilt, der gesellschaftspolitisch etwas zu sagen hat. Donskoy, selbst Jude, wirft in dem Format einen differenzierten Blick auf die Lebenswirklichkeiten von Juden in Deutschland und wurde dafür auch schon mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Das Thema, um das es nun gehen soll, ist eines, das in seiner Tragweite für viele Menschen in Deutschland über Nacht in den Alltag einbrach: der Krieg in der Ukraine.

Ein Thema, das dem attraktiven TV-Star und Musiker selbst auf den Nägeln brennt. Donskoy wurde in Moskau geboren, er spricht auch die Sprache. Da seine Eltern die Sowjetunion kurz nach seiner Geburt 1990 verließen, ist er zwar zum größten Teil in Deutschland aufgewachsen – aber er merkt, wie sich die aktuelle weltpolitische Lage mit seiner persönlichen Biografie verzahnt. Mit jeder neuen Nachricht, die auf ihn einprasselt, verstehe er gerade mehr, warum seine Eltern damals gegangen seien, sagt Donskoy. „Sie wollten nicht in einem restriktiven Land bleiben, sie wollten frei denken und leben“, erklärt der 32-Jährige. „Das totale Einschränken aller freien Meinungsäußerungen und der Möglichkeiten zur Meinungsbildung, ist genau das, was wir gerade in Russland beobachten.“

Wenn er früher seine Eltern gefragt habe, warum sie unbedingt in den Westen wollten, habe er gehört: „Du kannst das nicht verstehen, du wirst das nicht verstehen.“ Heute ist der beliebte Fernsehstar seinen Eltern zutiefst dankbar, dass sie diesen mutigen Schritt gegangen sind. „Mein Vater sagt immer: Es war die beste Entscheidung seines Lebens“, so Donskoy.

Aus seiner Familie ist ihm die Unterscheidung zwischen Ukraine und Russland eigentlich fremd. „Ich habe mir nie darüber Gedanken gemacht, ob wir aus der Ukraine kommen oder aus Russland“, sagt er. „Wir kamen aus der Sowjetunion. Auf familiärer Ebene wurde vor 1990 da überhaupt kein Unterschied gemacht.“ Dennoch sieht er sich nun in der Situation, dass ihn Menschen fragen, wie der Konflikt zu verstehen ist.

Das Leiden der ukrainischen Zivilbevölkerung gehe ihm sehr nah. „Sie werden gerade Tag und Nacht mit Bomben überschüttet“, so Donskoy. Auf der anderen Seite besorge es ihn auch, was mit den Russen passiere. „Die Sanktionen sind richtig, um Putin und seine unmittelbare Umgebung, Oligarchen und Nutznießer des diktatorischen Systems zu treffen“, sagt er. „Aber sie isolieren auch ein ganzes Volk.“ Es sei in Russland kaum noch möglich, internationale Stimmen zu hören. „Ich frage mich, wenn ein Land komplett isoliert wird von innen aber halt auch von außen, nährt das nicht auch das Narrativ eines Diktators?“ Das beschäftige ihn gerade. „Auch wenn es darum gerade nicht geht. Es geht natürlich aktuell darum, dass Putin Raketen auf unschuldige Menschen schießt. Und das ist ein furchtbares Verbrechen.“

Donskoy, den viele Zuschauer aus der RTL-Serie „Sankt Maik“ und dem „Tatort“ mit Maria Furtwängler kennen, hat in den Sozialen Netzwerken viele Follower aus Russland. Er versucht, sie mit Informationen zu versorgen, wie er sagt. Aber das werde von Tag zu Tag schwerer. „Das Narrativ, dass angeblich Faschisten und Nazis die Ukraine regieren, greift immer stärker“, sagt er. „Ich kriege jetzt Nachrichten wie: Wie kann es sein, dass ein Jude Nazis unterstützt?“

Auch zahlreiche Anfeindungen landen in seinen Postfächern – weil er sich ganz klar gegen den Krieg ausgesprochen hat. „Mein Instagram-Kanal ist voll mit diesem Z-Symbol von Leuten, die für Putin sind“, sagt Donskoy. „Und es kommt auch noch viel Schlimmeres.“ Einschüchtern aber lässt sich der Fernsehstar und Musiker nicht. Den Geburtsort, die Wurzeln, die bekommt man einfach mit, die sucht man sich nicht aus. Daniel Donskoy will die Lage, in die er durch Zufall gerutscht ist, aber auch gerne positiv nutzen. Sein Wunsch sei es, Brücken zu schlagen zwischen Menschen, die die Realität voneinander trenne.

„Das Gute daran ist: Ich kann mehr machen als nur eine Ukraine-Flagge auf Instagram zu posten“, sagt er. So ruft Donskoy zu Spenden auf für „german doctors“, die Medikamente in die Ukraine liefern, mit der Trinkwasser- und Sanitärversorgung helfen und damit den vielen Flüchtlingen eine helfende Hand reichen. JONAS-ERIK SCHMIDT

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