Der Ritter der Nacht

von Redaktion

INTERVIEW Oscar Isaac über seine Rolle in der sechsteiligen Disney-plus-Serie „Moon Knight“

Kinofans kennen Schauspieler Oscar Isaac vor allem als Piloten-Ass Poe aus drei „Star Wars“-Filmen, als Bösewicht aus „X-Men: Apocalypse“ und als Herzog Leto aus „Dune“. Derzeit ist der gebürtige Guatemalteke in der Titelrolle von „The Card Counter“ im Kino zu sehen. Wir sprachen mit ihm über die sechsteilige Serie „Moon Knight“, die auf Marvel-Comics basiert und ab heute beim Streamingdienst Disney plus läuft. Darin spielt der 43-jährige Golden-Globe-Gewinner gleich mehrere Charaktere, die sich einen Körper teilen.

In Ihrer Jugend haben Sie Comics gesammelt. Waren Sie ein typischer Nerd?

Ich selbst habe mich nicht so gesehen, aber objektiv betrachtet war ich natürlich ein Nerd, begeistert vom X-Men-Universum, von Figuren wie Wolverine oder Apocalypse. Damals hätte ich nie gedacht, dass es irgendwann einmal technisch möglich sein würde, diese Geschichten zu verfilmen – geschweige denn, dass ich selbst eines Tages in solchen Filmen mitspielen dürfte.

Kannten Sie „Moon Knight“?

Nein, gar nicht. Aber ich war sofort fasziniert von der Hauptfigur, in deren Körper verschiedene Persönlichkeiten leben: der linkische Museumsmitarbeiter Steven und der knallharte Söldner Marc, der sich wiederum als Reinkarnation eines ägyptischen Rachegottes entpuppt… Für mich war das die einmalige Chance, eine komplexe Charakterstudie zu liefern, die sich als Comicverfilmung tarnt.

Wie war es, Szenen zu drehen, in denen Steven mit Marc spricht?

Herausfordernd! Zum Glück war mein Bruder, der auch Schauspieler ist, dazu bereit, in diesen Szenen mein jeweiliges Gegenüber zu verkörpern. Das hat mir sehr geholfen.

Haben Sie, wenn Sie rasch zwischen mehreren Charakteren wechseln müssen, manchmal das Gefühl, selbst an einer Persönlichkeitsstörung zu leiden?

Nein. Für mich hat die Schauspielerei nichts mit Magie zu tun – ich sehe sie als reines Handwerk, das ich an der Juilliard School in New York ordentlich gelernt habe. Dank dieser Ausbildung bin ich in der Lage, mich klar abzugrenzen von den Figuren, die ich erschaffe. Ich nehme deren psychische Probleme auch abends nicht mit nach Hause.

Dann werden Sie wohl auch nicht wie Steven von Schlafstörungen geplagt?

Nein, das ist mir glücklicherweise bisher erspart geblieben. Nur meine beiden kleinen Söhne sorgen daheim manchmal für schlaflose Nächte.

In „Moon Knight“ entwickeln Sie viele erstaunliche Fähigkeiten. Gibt es etwas, das Sie im wirklichen Leben besonders gut können?

Oh, ich glaube, dass ich tatsächlich nur als Schauspieler und Musiker ganz passabel bin. Ansonsten fällt mir höchstens noch eine Disziplin ein, die ich ziemlich gut beherrsche: Tischtennis. Ich fürchte, auf allen anderen Gebieten bin ich ein totaler Loser.

Finden Sie es schade, dass „Moon Knight“ nicht auf der Kinoleinwand zu sehen ist?

Einerseits ja, andererseits bin ich froh, denn bei großen Kinoproduktionen wird man ständig zu Kompromissen gezwungen, weil der Film unbedingt am Startwochenende 200 Millionen Dollar einspielen muss. Bei unserer Miniserie hatten wir dagegen sämtliche Freiheiten und konnten radikal die Grenzen üblicher Comicverfilmungen sprengen. Ein Glücksfall!

Das Gespräch führte Marco Schmidt.

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