Filmbranche in Not

von Redaktion

Den Produktionen geht das Personal aus – warum, erklärt der Münchner Produzent Uli Aselmann

Die Lage ist ernst. Während in Deutschland mehr Filme und Serien denn je gedreht werden, geht der Branche das Personal aus. Produktionen müssen verschoben werden, Fachkräfte werden händeringend gesucht. Die Zeiten, in denen der Film von seinem Glamourfaktor gelebt hat, sind vorbei. „Wir brauchen dringend Nachwuchs“, sagt der Münchner Filmemacher Uli Aselmann, stellvertretender Vorsitzender der Produzentenallianz. Wie die kommende Generation für kreative Berufe begeistert werden soll und welche Chancen Quereinsteiger haben, erzählt der 64-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung.

In welchen Bereichen macht sich der Fachkräftemangel besonders bemerkbar?

Besonders betroffen sind kaufmännische Berufe, die man bei einer Produktion braucht. Wie die Filmgeschäftsführung, die sich um die Abrechnung der Gagen kümmert, Rechnungen überweist und den Zahlungsfluss im Blick behält. Aber auch Aufnahmeleiter, die den Film in der Vorbereitung planen und am Set alle Abläufe koordinieren, sind Mangelware, ebenso Maske und Szenenbild. Und nicht zuletzt suchen wir auch immer wieder nach Regieassistentinnen.

Wie kommt es zu diesem Mangel?

Diese Berufe werden teilweise gar nicht ausgebildet. Die meisten Leute sind Quereinsteiger, die mal ein Praktikum beim Film gemacht haben. Mit Einführung des Mindestlohns wurden aber auch diese Praktika begrenzt. Früher bist du meist als Set-Runner eingestiegen, der für alle möglichen Aufgaben zur Verfügung steht, Kaffeebecher wegräumt, Ordnung und Abläufe am Drehort unterstützt. Wer sich da geschickt angestellt hat, wurde vom Produktionsleiter angesprochen, ob er nicht in einer höheren Position weiterarbeiten möchte. Learning by doing sozusagen.

Das reicht vielen jungen Leuten heute nicht mehr. Sie wünschen sich ein konkretes Ausbildungsprofil.

Dieses Bedürfnis haben wir erkannt. Deshalb gibt es das Bemühen in der Branche, solche Ausbildungsberufe zu schaffen. Die Hochschule für Fernsehen und Film in München hat zusammen mit der Constantin Film jetzt in Ansbach einen Studiengang mit Bachelor-Abschluss eingerichtet, der Berufe des Produktionsmanagements abdeckt. Im Moment gibt es aber leider noch gar nicht so viele Interessenten für diesen Studiengang.

Warum?

Die Filmbranche hat nicht mehr die Sexyness wie früher. In der nachwachsenden Generation spielt Work-Life-Balance eine große Rolle. Mittlerweile ist bekannt, dass so eine Filmproduktion aufwendig und zeitraubend ist. Einen Acht-Stunden-Tag können wir nicht bieten. Man muss beim Film flexibel und bereit sein, auch mal längere Arbeitszeiten fernab von zu Hause in Kauf zu nehmen.

Womit kann die Filmbranche dann überhaupt noch locken?

Ich denke, dass wir doch einiges zu bieten haben. Es macht einfach unheimlich Spaß, einen Film oder eine Serie entstehen zu lassen. Die Berufe in der Branche sind abwechslungsreich, kreativ und bedingen echte Teamarbeit. Die Atmosphäre, die da entsteht, ist faszinierend und schon etwas Besonderes. Und: Die Nachfrage ist derzeit so groß, dass sich die Leute ihre Engagements gut aussuchen können und letztlich ist das Gagenniveau nicht schlecht!

Was Sie als Produzent vor größere Probleme stellen dürfte…

Das stimmt. Die Auftraggeber entscheiden in der Regel erst nach Ausstrahlung und mit Blick auf die Quote oder Klicks, ob eine Produktion fortgesetzt wird. An den kommenden Sonntagen starten zwei unserer neuen ZDF-Herzkino-Filme „Freunde sind mehr“, die auf Rügen spielen. Wenn den Zuschauern die Geschichten gefallen, soll ab August wieder auf der Ostseeinsel gedreht werden. Wir brauchen also ein Team, das ich aber jetzt noch gar nicht fix buchen kann. Und das macht die Planungssicherheit extrem schwierig, gerade weil viel gedreht wird in Deutschland.

Wie gut stehen die Chancen für ältere Quereinsteiger, die etwas Neues wagen wollen?

Im kaufmännischen Bereich klappt das sicher problemloser. Filmbuchhaltung unterscheidet sich von der Buchhaltung in einem kleinen Unternehmen nicht so wesentlich, aber in anderen Bereichen der Filmproduktion braucht man eine gewisse Zeit, um sich zurechtzufinden, das sollte der Quereinsteiger einkalkulieren. Eine gute Adresse für alle Interessenten ist sicher Juliane Müller von der „Produzentenallianz Initiative für Qualifikation“. Sie hat einen Guide für die Arbeit und Ausbildung beim Film rausgebracht, mit dem man sich prima informieren kann.

Das Gespräch führte Astrid Kistner.

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