Wie viele Stunden seines Berufslebens Uwe Bohm in Verhörräumen zugebracht hat – vermutlich hat er sie selbst nie gezählt. Es waren aber viele, sehr viele. Bohm war prädestiniert für die Rolle des Verdächtigen, wurde oft als Verbrecher überführt, im „Tatort“ nicht selten als Mörder. Im Alter von 60 Jahren ist Bohm nun gestorben. die Umstände seines Todes sind unklar. „Mit unendlicher Traurigkeit geben wir das Ableben unseres geliebten Vaters, Ehemanns, Sohns und grandiosen Schauspielers Uwe Bohm bekannt“, schrieb seine Frau Ninon Bohm in einer E-Mail. Auch Bohms Adoptivmutter Natalia Bowakow-Bohm und seine Agentur bestätigten die traurige Nachricht. „Es ist leider Realität. Uwe ist verstorben.“ Details wurden zunächst nicht bekannt. Die Berliner Feuerwehr bestätigte gegenüber der „Bild am Sonntag“ einen Einsatz wegen eines „medizinischen Notfalls“ an Bohms Adresse in Berlin-Mitte am Freitagabend. Die Wohnung sei von der Polizei versiegelt worden.
Das Leben von Uwe Bohm – es liest sich wie ein Drehbuch eines seiner vielen Filme: reich an Dramen, Höhen und Tiefen, vor allem: ohne Happy End. Bohm wurde als Uwe Enkelmann im Januar 1962 in Hamburg geboren. Seine Kindheit: schwierig, wie er dem „Süddeutsche Zeitung Magazin“ 2016 erzählte: „Mein Vater war Hafenarbeiter und hatte, wie sich später herausstellte, für die DDR spioniert. Er fing an zu saufen, muss ziemliche Verfolgungsängste gehabt haben.“ Als der Vater wegen Landesverrats ins Gefängnis kam und die Mutter erkrankte, kam Uwe ins Heim.
Es sollte sich als Glücksfall erweisen – denn ausgerechnet in jenem Heim suchte der Regisseur Hark Bohm Anfang der Siebzigerjahre nach einem jungen Darsteller für seinen Film „Ich kann auch ’ne Arche bauen“. Er fand Uwe, besetzte ihn drei Jahre später für sein Drama „Nordsee ist Mordsee“ und war so angetan von dem inzwischen Jugendlichen, dass er ihn adoptierte. Uwe nahm Bohms Namen an, begann eine Lehre als Maler, brach jedoch ab und entschied sich endgültig für die Schauspielerei. Immer wieder war er im „Tatort“ und anderen Krimis zu sehen. Nie als Kommissar, sondern immer als Gegner der Guten, als Psychopath, Mörder, Bösewicht. Der „Bild am Sonntag“ sagte er einmal, er sei ganz froh, sich in den Rollen der Bösen im Krimi-Genre auslassen zu können, in doppelbödigen Figuren.
Zugleich spielte Uwe Bohm über Jahrzehnte erfolgreich Theater. Ende der Achtzigerjahre arbeitete er am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg mit dem Regisseur Peter Zadek. 1990 stand er erstmals auf der Bühne des Wiener Burgtheaters. Er spielte bei den Salzburger Festspielen, bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen und am Berliner Ensemble, hier übrigens auch in Komödien und heiteren Rollen.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) würdigte gestern seine Lebensleistung: „Mit Bestürzung habe ich vom unerwarteten Tod Uwe Bohms erfahren.“ Bohm selbst habe einmal gesagt, er liebe das Wort „Charakterschauspieler“, so Roth. „Und dieser Begriff beschrieb ihn wahrlich treffend.“ Durch sein beeindruckendes Schauspiel „wird er uns allen als herausragender Charakterschauspieler in Erinnerung bleiben“.