Sie sind in der Vergangenheit durchaus für Experimente zu haben gewesen. Man denke nur an den „Horror-Tatort“ mit den Frankfurter Kommissaren Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch). Da ist es schon erstaunlich, wie konventionell ihr neuer Fall daherkommt. „Finsternis“ lief gestern Abend im Ersten und hatte weder ein Drehbuch, das bestach, noch war der Film auf irgendeine Art besonders inszeniert. Wirkung entfaltete er trotzdem.
Ein junges Pärchen bringt die Geschichte ins Rollen: In einem Waldstück nahe Frankfurt entdeckt es mitten in der Nacht, die beiden radeln glücklich und beschwingt heim, eine Tote. Sie hören auch Schreie und sehen ein parkendes Auto. Doch am nächsten Morgen, als die Ermittler den Tatort in Augenschein nehmen, ist nichts mehr da. Weder die Leiche noch der Wagen. Blutspuren indes schon. Dass hier ein Verbrechen stattgefunden hat, ist also klar. Was die Sache kompliziert macht: Die Familie der Frau, auf die das Auto zugelassen ist, vermisst sie nicht. Ehemann und Töchter wähnen sie beim Fastenwandern in Frankreich.
Je mehr Zeit verstreicht, umso tiefer tauchen Janneke und Brix in diese rätselhafte Familie ein. Die Töchter sind sich nicht grün. Die eine kriegt ihr Leben als angeblich vielversprechende Regisseurin nicht auf die Reihe, dafür aber die EC-Karte der Mama, mit der sie munter einen Hunderter nach dem nächsten aus dem Automaten zieht. Die andere, Kristina (Odine Johne), hochschwanger, kümmert sich dagegen rührend um den kranken Vater. Der aber weist sie das ein ums andere Mal schroff ab.
Was also stimmt nicht in dieser Familie?, fragen sich Zuschauer und Ermittler gleichermaßen. Dass das nicht langweilig wird, ist vor allem den beiden Frauen zu verdanken, die die so unterschiedlichen Töchter spielen. Johne und Julia Riedler als Judith sind unverbrauchte Fernsehgesichter, die den schmalen Grat zwischen glaubwürdig geheimnisvoll und übertrieben effektheischerisch mühelos meistern.
Uwe Preuss (der nächste Woche wieder als Chef des Rostocker „Polizeiruf“-Kommissariats zu sehen ist) entwickelt sich im Lauf des Krimis vom dösigen Ehemann und Vater zum Monster. Gern hätte man mehr über die 30 Jahre währende Ehe erfahren. Dazu hätte Petra Lüschow, verantwortlich für Buch und Regie, aber vor allem die Figur Maria Gombrecht präsenter machen müssen. Zumal sie mit Victoria Trauttmansdorff eine Darstellerin hatte, die viel mehr kann, als sie hier in wenigen Rückblenden zeigen durfte. Verschenkt.