Lindners Lust aufs Leben

von Redaktion

INTERVIEW Die Münchner Kabarettistin und Moderatorin über ihr neues Buch „Miss Verständnis“

Ob sie nicht einmal ein Buch schreiben wolle in Form eines Ratgebers, sie habe so eine „empathische Art“ – mit diesem Angebot, erzählt Constanze Lindner, sei der Droemer Knaur Verlag auf sie zugekommen. Die Komikerin und Gastgeberin der BR-Sendung „Vereinsheim Schwabing“, musste kurz überlegen. Ihr langes Hadern mit ihrem Selbstbild, ihre späte Befreiung von der fixen Idee, immer allen gefallen zu müssen – könnte das nicht ein Thema sein? So entstand „Miss Verständnis“, ein Buch (nicht nur) für Frauen, über Schönheits- und Selbstoptimierungswahn, über Liebe, Männer und Geld. Wir trafen die 49-Jährige zum Gespräch.

Sie erzählen ziemlich schonungslos von Ihren gefühlten Defiziten – zu klein, zu dick… Wie schwer war es, darüber zu schreiben?

Natürlich ist mir das nicht leicht gefallen, aber ich wollte keine Kompromisse machen. Entweder ich schreibe ein Buch, hinter dem ich total stehe, in dem ich meine Geschichte erzähle, oder ich lasse es bleiben. Ja, man zieht sich aus, man macht sich angreifbar, aber ich kann sagen: Das bin zu hundert Prozent ich. Und ich hoffe, mit ein paar guten Ratschlägen auch anderen helfen zu können.

Sie sprechen im Buch unter anderem vom „Krieg der Mütter gegen die Nichtmütter“…

Ich wurde tatsächlich schon angefeindet, weil ich keine Kinder habe. Dann habe ich gesagt: Ja mei, es hat halt nicht sollen sein, dafür bin ich leidenschaftlich gern Tante. Aber es geht gar nicht nur um Mütter gegen Nichtmütter, auch Mütter untereinander streiten sich über alles Mögliche. Was sie den Kindern zu essen geben, womit sie sie spielen lassen, es scheint da nichts zu geben, was es nicht gibt an Konfliktpotenzial.

Woher kommt das?

Vielleicht, weil wir zu schnell Urteile über andere fällen. Ich habe das an mir gemerkt: Ich habe ganz lange ganz schnell Leute nach Äußerlichkeiten bewertet. Damit habe ich vor einigen Jahren aufgehört. Wenn man versucht, nicht mehr den ersten Eindruck zum Maßstab zu machen, sondern länger hinschaut, lernt man Menschen anders kennen und verstehen.

Dass Frauen den Männern so bereitwillig alles Technische überlassen – auch so eine Beobachtung im Buch. Warum ist das so?

Vermutlich – ironischerweise – mit der Muttermilch eingesogen. Wenn die Mütter der Elterngeneration schon eher für den Haushalt und fürs Kochen zuständig waren und die Väter für die tropfenden Wasserhähne, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich die Töchter gegen die Technik entscheiden. Die passende Geschichte im Buch ist übrigens wirklich so passiert. Meine Freundin hat den Tankwart tatsächlich das Wasser ins Öl kippen lassen, obwohl sie wusste, dass das falsch ist. Aber der wirkte halt kompetent.

Inwieweit hat Ihr Selbstbild Ihre Berufswahl beeinflusst? Wie kommt jemand, der sich früher im Schwimmbad wegen seiner dicken Beine geniert hat, auf die Bühne, wo er alle Blicke geradezu auf sich zieht?

Ich glaube, das hat schon in meiner Kindheit angefangen. Mein Papa ist weggegangen, als ich fünf Jahre alt war. Ich wollte nicht noch einmal verlassen werden und habe versucht, durch Fröhlichkeit mich selbst und andere von dieser Angst abzulenken. Später habe ich gemerkt, dass ich durch meine lustige Art wettmachen konnte, dass ich – in meinen Augen – nicht so gut ausgesehen habe. Aber natürlich waren die Selbstzweifel damit nicht weg. Aber irgendwann war ich so weit, dass ich mir gesagt habe: Du hast es doch auch so geschafft! Rudolf Ogiermann

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