Patricia Riekel geht mit ihrem Hund am liebsten nachts spazieren. Da kommen ihr bisweilen Füchse und Dachse entgegen. Lebendige. Wie viele ausgestopfte an den Hälsen der Damen hängen, die in Riekels Nachbarschaft wohnen, ist ungewiss. Seit 20 Jahren lebt die Journalistin, die von 1997 bis 2016 die „Bunte“ leitete, im Münchner Nobelviertel Herzogpark. Heute startet unter gleichem Namen bei RTL+ eine sechsteilige Serie, die vom Leben in diesem Teil von Bogenhausen erzählt. Riekel hat die Serienmacher bei der Drehbuchentwicklung beraten. Wir trafen sie in ihrem Traumhaus im Grünen, wo sie mit ihrem Lebensgefährten Helmut Markwort, zwei Katzen und einem Hund lebt – und haben uns erzählen lassen, was dran ist am Mythos Herzogpark.
Wie entstand das Nobelviertel?
„Bis etwa 1900 war hier Jagdgebiet der Herzöge in Bayern. Dann wurde das Areal an eine Investmentfirma verkauft – und ein nobles Wohngebiet entstand. Am Kufsteiner Platz war ein Wärterhäuschen – heute Florians Blumenpavillon – mit einer Schranke. Rein kam, wer hier wohnte oder angemeldet war. Ein Gebiet wie ein Flaschenhals, deshalb wird hier auch selten eingebrochen – Verbrecher können hier schlichtweg nicht so leicht flüchten.“
Wer lebt im Herzogpark?
„Der Herzogpark war schon immer sehr exklusiv. Thomas Mann ist nur einer der vielen einstigen prominenten Bewohner. Auch heute findet man hier altes Geld, alten Wirtschaftsadel, Kreative, Künstler, Denker. Und eben deshalb möchten hier auch die hin, die aufsteigen wollen, die Neureichen. Die, die es geschafft haben und das auch zeigen wollen. Obwohl man im Herzogpark überhaupt nicht angeben kann. Es gibt kein Vier-Sterne-Restaurant, nicht mal ein Ein-Sterne-Restaurant. Es gibt keine Bar. Einzig Feinkost Marks am Kufsteiner Platz. Da hast du ein paar Tischchen draußen und ein paar Tischchen drinnen – und da trifft man sich. Da sage ich immer: Wenn einer im Lamborghini vorfährt, dann weiß ich, der hat kein Geld. Das Auto ist höchstwahrscheinlich geleast. Wenn aber einer auf dem Radl kommt oder in einem total verdreckten Smart – dann ist es ziemlich sicher jemand von den ganz Reichen, die hier leben.“
Welche Dramen spielen sich im Herzogpark ab?
„Viele! Der Herzogpark ist die Abladestation für Scheidungswitwen, die als Ablöse ein Penthouse bekommen; und es ist das neue Zuhause von mächtigen Männern, die glauben, dass ihre Zweit- oder Drittfrau, die alterstechnisch ihre Tochter oder Enkelin sein könnte, sie aufrichtig liebt – selbst wenn der Gute bettelarm wäre. Ein ,Zaubergarten‘, wie es Thomas Mann formuliert hat. Und der Zauber wirkt. Meine Lieblingsgeschichte ist, wie ein eifersüchtiger Mann dem neuen Lover seiner Exfrau den Porsche abgefackelt hat – und aus Versehen gleich noch einen Range Rover, der ebenfalls vor dem Haus der Ex parkte. Da hieß es: ,Oh Gott! Terroranschlag im Herzogpark!‘ Viele Dramen um Erbe, Liebe, Eifersucht. Klar, wo viel Geld ist, ist viel Gier.“
Wie nah ist die RTL+-Serie an der Realität?
„Es sind fiktive Figuren, aber sie entsprechen den Prototypen, die man so oder ähnlich kennt. Die verarmte Adelige, die den Schein aufrechterhält. Die Anwältin, die mit Drogen ihren Alltag meistert. Und dann die Frau des Politikers, die Geheimnisse aus der Vergangenheit hat. Überall, wo Geld und Macht sind, hat jeder so sein Geheimnis, wie er zu Geld, Macht oder zu einer Ehe gekommen ist. Und der ganze Snobismus im Herzogpark und ähnlichen Vierteln drückt sich dadurch aus, wie man seine Kinder erzieht. Wichtig ist: Auf welche Schule schickst du dein Kind, in welches Internat? Deine Kinder müssen Tennis spielen, müssen segeln, müssen vielleicht noch Hockey spielen und brauchen den richtigen Umgang, weil das später im Leben vieles erleichtert. Ich kenne Kids, die durch jedes Internat gesaust sind – aber mit 18 die Champagnerkorken im P1 knallen lassen. Auf Mamas und Papas Rechnung. Ich hoffe, dass die Serie eine zweite Staffel bekommt, wo auf den Nachwuchs noch mehr eingegangen wird. Allgemein muss man sagen: Die Reihe hat nichts mit ,Kir Royal‘ zu tun. ,Kir Royal´ waren die Achtziger, das war die Zeit der Männer. ,Herzogpark‘ erzählt von vier starken Ladys. Das gefällt mir.“