Ein unheimlich starker Abgang

von Redaktion

„TATORT“-KRITIK Meret Beckers letzter Fall zeigt noch einmal ihre große Klasse – und die ihres Partners

VON RUDOLF OGIERMANN

„Ich habe kein Talent für Glück“, sagt die Kommissarin einmal beim Tête-à-Tête mit der Frau, der sie später das Leben retten wird – um den Preis ihres eigenen. Nur einer von vielen traurigen Momenten in diesem „Tatort“, dessen tragisches Ende man bald ahnt. Zu melancholisch der Blick, zu leer das Gesicht der Ermittlerin, als dass man an etwas anderes als eine Katastrophe glauben möchte.

Es geht um Vertrauen in diesem letzten gemeinsamen Krimi des Berliner Duos Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow (Mark Waschke) – sowohl im Fall, mit dem die beiden befasst sind, als auch im Verhältnis der Kriminaler zueinander. Eine Kombination, aus der dieser Film wie von selbst seine enorme Dynamik entwickelt. Günter Schütter – er erdachte auch schon mehrere preisgekrönte Münchner „Polizeiruf“-Folgen – schrieb für „Das Mädchen, das allein nach Haus’ geht“, ein perfektes Drehbuch. Hier Rubins riskanter Alleingang im Kampf gegen die Russenmafia, dort das Ringen zweier Menschen, die durch ihre uneingestandenen Gefühle füreinander verletzbar geworden sind.

Schütter sorgt für Thrill im Minutentakt, so manche Figur muss jeden Moment die Enttarnung fürchten – die junge Frau, die aus dem goldenen Käfig fliehen will, der Polizist, der sich hat kaufen lassen, und nicht zuletzt Rubin, die ihren Partner hintergeht. Regisseur Ngo The Chau gießt das alles in düstere, geradezu ikonische Bilder, in den intimen wie in den dramatischen Momenten. Zeigt die Gewalt, den (gewalttätigen) Sex, aber auch die Sinnlichkeit. Was ist da zwischen Julie (beeindruckend: Bella Dayne) und der Kommissarin?

Autor und Regisseur können sich bei alledem blind auf ihre hervorragenden Darsteller verlassen, Becker und Waschke erzählen mit wenigen Worten, Blicken und Gesten en passant die gesamte Geschichte ihrer sieben Jahre bei der Berliner Kripo mit.

Der XXL-Showdown am Flughafen, gespickt mit Filmzitaten, ist zwar wenig realistisch, aber ein bisschen Kintopp darf schon sein in diesem Krimi, der der großartigen Meret Becker den ihr gebührenden, unheimlich starken Abgang schenkt.

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