Landkrimi – das klingt nach piefiger Provinz, Tratsch an der Kuchentheke und dickschädeligen Dorfbewohnern. Und tatsächlich, all das findet man in „Vier“, dem zweiten Landkrimi aus Niederösterreich, den das ZDF an diesem Mittwoch um 20.15 Uhr zeigt. Nur, dass Autorin und Regisseurin Marie Kreutzer aus ziemlich fein beobachteten Klischees keine Schmunzel-posse à la Griebenschmalz-Blues, sondern einen tadellosen Thriller spinnt. Ein düsteres Drama, an dem man dank des großartigen Ensembles bis zur letzten Minute klebt.
Krumau am Kamp, ein niederösterreichisches Kaff, in dem jeder jeden kennt und nur die Zugezogenen kritisch beäugt werden. Wie die Wiener, die im Waldviertel am Wochenende ihre Stadtflucht genießen. Dorfpolizistin Ulli aber (großartig: Julia Franz Richter) ist hier aufgewachsen. Als die örtliche Feuerwehr bei Starkregen einen Keller auspumpt und dabei die skelettierten Überreste von drei Säuglingen findet, bekommt es die junge Beamtin mit ihrem ersten richtigen Fall zu tun – und mit der forschen Kommissarin Marion Reiter (wunderbar gespielt von Regine Fritsch) vom Morddezernat St. Pölten.
Die Kinder wurden kurz nach der Geburt erstickt und im Keller verscharrt. Zehn Jahre ist das her. Die Mutter der ermordeten Säuglinge sitzt in der Psychiatrie, der Vater hat sich umgebracht. Im lange unbewohnten Haus lebt nun ein Arzt aus Wien (Manuel Rubey) und sein Lebensgefährte (Laurence Rupp), die von der Dorfgemeinschaft mit einer Mischung aus Belustigung und Neugier beobachtet werden.
Für Polizistin Ulli und ihre strenge Vorgesetzte beginnt eine spannende Spurensuche, die sie vom Tatort zurück in Krumaus Vergangenheit führt. Dabei ist der Ton zwischen den beiden Frauen rau, aber nicht respektlos. „Wenn sie bei der Polizei mal mehr machen wollen, als nur Kaffee holen“, sagt die Kommissarin zu Ulli, „dann müssen sie sich ein bisschen mehr anstrengen … und zwar doppelt soviel wie der junge Kollege“.
Marie Kreutzer zeichnet wunderbare Figuren, findet in ihrem Drama den richtigen Ton und die Balance zwischen Horror und hintergründigem Humor. „Vier“ ist ein überaus sehenswerter ORF-Film, den nicht zuletzt die fein abgestimmte Musik des norwegischen Komponisten Kyrre Kvam zu einem heißen Kandidaten für einen Krimipreis macht.