Am 3. Juni 1969 flimmert an einem späten Freitagabend in den USA die 79. und letzte Folge von „Star Trek“ über die Bildschirme. Nachdem es die Science-Fiction-Serie in drei Jahren nie geschafft hatte, unter die 50 meistgesehenen TV Shows zu kommen, zieht der Sender NBC den Stecker – trotz der Proteste leidenschaftlicher Fans. Niemand ahnt damals, dass die Abenteuer des „Raumschiffs Enterprise“ die erfolgreichste Show der Fernsehgeschichte werden wird, mit elf Ablegern, immens erfolgreichen Kinoversionen und einer weltweiten ergebenen Anhängerschar, die zahlreicher ist als so manche Religionsgemeinschaft.
In gewisser Hinsicht ist das Zufall. Um mit dem Flop noch Geld zu machen, verramscht die Produktionsgesellschaft die Ausstrahlungsrechte für wenig Geld und so läuft „Star Trek“ bald auf unzähligen Lokalsendern in den USA und in mehr als 60 anderen Ländern. Unter anderem in Deutschland, wo ab dem 27. Mai 1972 immer samstags am späten Nachmittag unendliche Weiten erforscht werden. Sorgsam synchronisiert, unter anderem vom jungen Elmar Wepper, der dem russischen Offizier Checkov seine Stimme leiht, wird das Weltraummärchen durch unzählige Wiederholungen auch hierzulande Kult.
Die Fans mögen all das, woran viele Kritiker herumnörgeln. Die Ernsthaftigkeit, die fast schon philosophischen Probleme, mit denen sich Captain Kirk mit seiner Mannschaft herumschlagen muss, der überraschende Perspektivwechsel. Feindseligkeit ist oft nur das Ergebnis von Missverständnissen. Und der härteste Gegner, das wird bei „Star Trek“ oft aufgegriffen, ist man im Zweifel selber.
Das Erfolgsgeheimnis von „Star Trek“-Erfinder Gene Roddenberry ist bekannt und bewährt: das Erkunden fremder Welten hält den Menschen einen Spiegel vor. Es geht oft um Moral, Rassismus, ideologische Verblendung, Krieg – alles Dinge, die sich in Wahrheit nicht in fernen Galaxien abspielen, sondern auf unserem kleinen Planeten. Der geniale Kniff, das außerirdische Besatzungsmitglied Mister Spock das merkwürdige Verhalten der Menschen entlarven zu lassen, erklärt die Popularität der Figur. Der kühle Blick von außen verleiht dem menschlichen Eifern unvermeidlich eine gewisse Komik. Das alleine freilich ist nicht der Grund für den erstaunlichen Erfolg der Serie. „Star Trek“ hat eine Botschaft, steht für eine Haltung, die offenkundig viele Menschen anspricht. In der Zukunft mag der Mensch zwar noch nicht perfekt sein, aber er hat viel erreicht. Es herrscht Frieden, niemand muss hungern, und alle, wirklich alle Menschen sind gleichberechtigt. Heute mag das keinem mehr auffallen, aber die Tatsache, dass Schwarze, Asiaten und – damals Höhepunkt der Kühnheit – sogar Russen als Führungsoffiziere miteinander durch das Weltall fliegen, war revolutionär.
Aber nicht nur deswegen war „Star Trek“ visionär, es hat auch technisch viel vorweggenommen. Dass man heute mit einem mobilen Kommunikator mit jedem beliebigen Menschen reden kann, das ist so selbstverständlich wie die Tatsache, dass in einem schmalen Tablet das gesamte Wissen der Menschheit abrufbar ist.
Damals, als die Serie in Deutschland erstmals ausgestrahlt wird, nützt das den Schauspielern gar nichts. William Shatner, „Captain Kirk“, lebt im Wohnwagen, auch die anderen Besatzungsmitglieder hangeln sich mehr schlecht als recht durch. Shatner ist heute tatsächlich der Weltstar geworden, der er immer hatte sein wollen, ebenso wie sich „Star Trek“ für die anderen Schauspieler als Segen erwiesen hat. Und „Raumschiff Enterprise“ ist zu einem virtuellen Lagerfeuer geworden, um das sich die Generationen versammeln können, um von einer besseren Zukunft zu träumen. Es kann ja nur besser werden.