Heute Abend steigt die TV-Party des Jahres: Die Münchner Produktionsfirma ndF feiert ihren 75. Geburtstag – und allein ein Blick auf die Gästeliste zeigt, dass in dieser Firma Fernsehgeschichte geschrieben wurde – und wird. Eingeladen sind von Hans Sigl über Janina Hartwig bis Christian Wolff all die Schauspieler, die mit ndF-Produktionen Millionen Zuschauer bestens unterhalten (haben). Anlässlich des Jubiläums wollte unsere Zeitung von Matthias Walther, seit 2015 Geschäftsführer der ndF, wissen, wie es gelingt, seit so vielen Jahren TV-Hits in Serie zu produzieren.
„Der Bergdoktor“, „Die Bergretter“, bis vor Kurzem „Um Himmels Willen“ und vieles mehr. Gleich einige der erfolgreichsten Serien im deutschen TV kommen von der ndF. Verraten Sie uns Ihr Betriebsgeheimnis?
Wenn ich eines hätte, würde ich es Ihnen nicht verraten. (Lacht.) Dann hätte ich ein Patent drauf, und die ndF wäre in noch ganz anderen Gefilden unterwegs. Was aber sicher eine Rolle spielt, ist, dass wir seit 75 Jahren in Bayern ansässig und mit den hiesigen Traditionen und den Bergen sozusagen verabredet sind. Insofern liegt es nahe, dass sich das auch thematisch in unseren Serien widerspiegelt.
Die Berge sind also viel mehr als „nur“ Kulisse, sondern Teil des Erfolgsrezepts?
Ja natürlich. Die Berge sind per se ein Sehnsuchtsort für viele Menschen. Und vor diesem Hintergrund können Sie wunderbare Geschichten erzählen, die Mainstream sind.
Abgesehen von den Bergen als Traumkulisse – was, würden Sie sagen, ist wichtiger: die Besetzung oder die Geschichte? Oder hält sich das die Waage?
Wir wünschen uns in jedem Fall immer, dass beides gut ist und vor allem gut zueinander passt. Wenn Sie nur eine gute Geschichte haben, aber keine gute Besetzung, ist es schwierig. Andersrum genauso. Unser Bestreben und unser Anspruch ist es, beides zu vereinen.
Wie sehr sollte beziehungsweise muss eine Serie mit dem Zeitgeist gehen? Stichwort gesellschaftliche Relevanz, Diversität und so weiter…
Wir verhandeln zum Beispiel beim „Bergdoktor“ seit jeher alle Themen, die aus der Mitte der Gesellschaft kommen. Sie sind immer die Grundlage für die Drehbücher, für die Konstellation der Figuren. Wichtig ist: Wir versuchen, gesellschaftliche Veränderungen, heutige Themen wie das Gendern, verschiedene partnerschaftliche Lebensmodelle, Integration und anderes eher beiläufig einzustreuen und mit einer großen Selbstverständlichkeit zu erzählen. Es darf nicht aufgesetzt wirken. Ich finde, das ist der richtige Weg.
Wie weit geht denn der Weg für den „Bergdoktor“ überhaupt noch?
Also, ich sehe da eine lange Zukunft. (Lacht.) Die Serie ist absolut weitererzählenswürdig. Das Format steht.
Und Hans Sigl geht diesen Weg mit?
Ich kann nicht für ihn sprechen und weiß nicht, was er in ein paar Jahren plant. Aber wir sind in bestem Einvernehmen. Ihm macht es unfassbar viel Spaß und uns mit ihm genauso.
Ist es angesichts der Fülle von Streamingdiensten für eine Firma wie die ndF, die in erster Linie fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen arbeitet, schwieriger oder leichter geworden?
Ich würde sagen: Konkurrenz war immer da. Damit müssen Sie immer umgehen. Deswegen glaube ich, dass sich durch die Präsenz der Streamingdienste zwar eine Menge geändert hat, aber es eröffnet auch viele neue Möglichkeiten.
Die ndF arbeitet aber nach wie vor fast ausschließlich für ARD und ZDF.
Heute arbeitet die ndF zunehmend auch international. Wir haben Produktionen in Italien, Belgien, Dänemark, Finnland, die alle drei Kooperation von verschiedenen Partnern in einem gemeinsamen Projekt benötigen. Bei den Streamern haben wir aktuell zwei Projekte exklusiv in der Entwicklung. Natürlich sind wir auch in einer langen Tradition mit unseren öffentlich-rechtlichen Sendern, und das soll auch so bleiben.
Das Gespräch führte Stefanie Thyssen.