Zwei junge Männer genießen auf einer Zugfahrt ihre Zweisamkeit. Sie sind glücklich, schwelgen in Erinnerungen und feiern ihre Liebe. Dann kommt ein Fremder zu ihnen ins Abteil. Christof Oschmann telefoniert laut, ohne das Pärchen zu beachten. In dem erstarrten Adam Dahl (Eloi Christ) löst der Zugestiegene etwas aus. Ist es seine Aggressivität? Ein gesagter Satz? Seine Stimmlage? Mit einem Nothammer schlägt er wie von Sinnen auf Oschmann ein, tötet ihn mit größter Brutalität.
Eine Tat wie im Rausch, Blut ist bis zur Decke des Abteils gespritzt. Ein heftiger Anblick für Hauptkommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen). Adam gesteht die Tat, kann aber selbst keinen Grund für seinen Ausraster nennen. Ein Blackout. „Irgendwas passiert hier drin“, sagt der 21-Jährige voller Verzweiflung im Verhör. „Da ist ein Loch in meinem Kopf.“
Das Erste zeigt „Black Box“ an diesem Sonntag um 20.15 Uhr. Es ist der letzte neue „Polizeiruf 110“ vor der Sommerpause. Regie führte Ute Wieland, das Drehbuch zum neuen Fall aus Magdeburg stammt aus der Feder von Zora Holtfreter. Und darum geht’s: Die Kommissarin steht vor einem eigenartigen Problem. Sie hat zwar einen geständigen Täter, aber kein Motiv für den Mord. Zudem lähmen immer wieder Dämonen aus der Vergangenheit ihre Ermittlungen. Kriminalrat Uwe Lemp (Felix Vörtler) entgehen ihre Panikattacken nicht. Er zweifelt sogar ihre Diensttauglichkeit an, möchte Brasch am liebsten kaltstellen. Die Gründe dafür liegen in der Vorfolge „Der Verurteilte“, die Ende 2020 ausgestrahlt wurde. Immer wieder werden verzerrte Sequenzen aus diesem Fall in „Black Box“ platziert.
Ihr Fall führt Brasch zu den Eltern des Mörders, einem Ex-LKA-Direktor und einer renommierten Psychologin. Sie wollen Brasch in ihrer Motivsuche manipulieren. Auch Adams Freund Tomi (Kai Müller), immerhin Zeuge der Bluttat im Zug, zwingen sie zu einer Falschaussage. Zu groß ist die Angst des sonderbaren Ehepaars, dass die gut situierte Bilderbuchfamilie zerbricht. Oder verbergen sie ein Geheimnis?
„Black Box“ ist kein Krimi im klassischen Sinne, zumal Tatablauf und Täter schon früh bekannt sind. Vielmehr geht es um die Aufdeckung einer bizarren Familiengeschichte, um Ängste und Traumata. Herausragend ist der Schauspieler Eloi Christ, der den suizidgefährdeten Adam mit Bravour darstellt.