Hochstapler im Höhenflug

von Redaktion

Die neue Netflix-Satire „King of Stonks“ schlachtet den Münchner Wirecard-Skandal aus

VON ASTRID KISTNER

Es geht um Geld. Sehr viel Geld. Um die Gier nach Anerkennung, Erfolg und Macht. Verlässliche Triebfedern für Finanzskandale und Wirtschaftsbetrug. Und ein hervorragender Nährboden für die satirische Serie „King of Stonks“, die heute neu auf Netflix startet. Sechs Episoden über Aufstieg und Fall eines deutschen Finanzdienstleisters, geführt von einem Größenwahnsinnigen und einem ehrgeizigen Emporkömmling. Dass die fiktive CableCash AG verdächtig an Wirecard erinnert, ist kein Zufall: Regisseur und Co-Produzent Jan Bonny ließ sich vom Münchner Unternehmen, der bis heute die Gerichte beschäftigt, inspirieren und strickt daraus eine bitterböse Wirtschaftsparodie mit Matthias Brandt (60) und Thomas Schubert (28) in den Hauptrollen.

Die erste Auszeichnung durften die Macher der Reihe (abrufbar beim kostenpflichtigen Streamingportal Netflix) bereits auf dem Münchner Filmfest entgegennehmen. Showrunner Philipp Käßbohrer und Produzent Matthias Murmann („How to sell Drugs online fast“) wurden mit dem Bernd-Burgemeister-Fernsehpreis geehrt. In der Serie werde einem die Realität um die Ohren gehauen, so die Jury. „,King of Stonks’ traut sich, worauf wir, außerhalb von Comedy- und Satireshows, lange gewartet haben.“

Dabei haben sich die Macher für ihre Wirtschaftsparodie von Wirecard lediglich die windigen Typen und aberwitzigen Szenarien einer aufgeblasenen Finanzwelt geliehen. An einer ernsthaften Aufarbeitung des dramatischen Anleger-Debakels sei die Serie nicht interessiert, erklärt Hauptdarsteller Matthias Brandt im Gespräch mit unserer Zeitung.

Es gehe vielmehr um die Psychologie von Machtmenschen und Blendern ohne Bodenhaftung. Männern wie Dr. Magnus Cramer (Matthias Brandt), CEO der CableCash, den sein Narzissmus durch die Finanzwelt trägt. Ein echter Kotzbrocken, schmierig und skrupellos. „Die Welt liebt Arschlöcher“, skandiert er als selbst ernannter Sonnenkönig, der mit seinem dauergebleachten Haifischgebiss sein Umfeld und die Anleger blendet. An seiner Seite: Felix Armand (Thomas Schubert), 30-jähriger Informatiker, der im Windschatten des Hochstaplers segelt und als Mastermind mit krimineller Energie das Unternehmen aus der Schusslinie von skeptischen Investigativjournalisten holen will. Dabei wird er von seinem unberechenbaren Chef immer wieder zum Sündenbock degradiert.

Und weil Satire ja bekanntlich alles darf, drückt Regisseur Jan Bonny ordentlich auf die Tube, inszeniert Sauf- und Koksgelage, Proletenfeten am Pool. Ein Skandal jagt den nächsten – Geldwäsche, Internetpornografie, sizilianische Mafia. Ein wilder Mix aus „The Wolf of Wall Street“ und „Bad Banks“, der über weite Strecken unterhaltsam ist, bisweilen aber auch redundant. Das abstoßende Business der Blödmänner funktioniert nach dem immer selben Prinzip und lässt einen mit einem unguten Gefühl und der Gewissheit zurück, dass am Ende die Falschen die Dummen sind.

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