Mehr als drei Fragezeichen

von Redaktion

Das Drama „Borowski und der Fluch der weißen Möwe“ lohnt auch in der Wiederholung

VON ASTRID KISTNER

Der Titel täuscht: „Borowski und der Fluch der weißen Möwe“ klingt zwar wie ein pfiffiges Drei-Fragezeichen-Hörspielabenteuer, ist aber ein Psychodrama, das Traumatisierung, Rache und Kontrollverlust thematisiert. Bei der Erstausstrahlung am 10. Mai 2020 schalteten 8,71 Millionen Zuschauer ein. An diesem Sonntag wiederholt das Erste den Kieler „Tatort“, der Kommissar Borowski (Axel Milberg) und seine junge Kollegin Mila Sahin (Almila Bagriacik) an ihre psychischen Grenzen führt.

Die Einstiegsszene ist dramatisch – die zum Einsatz herbeigerufenen angehenden Polizisten, die gerade noch im Dienstwagen herumgealbert haben, können den Suizid einer jungen Frau nicht verhindern. Völlig überfordert versuchen sie, Jule davor zu bewahren, vom Hochhausdach zu springen – bis einer sie fragt, ob sie schon mal geflogen sei. Da lässt sie sich in den Tod fallen – genau in dem Moment, als ihre frühere Freundin Nasrin, inzwischen Jungpolizistin, ebenfalls auf dem Dach erscheint.

Einen Tag später tötet Nasrin bei einer Übung in der Polizeihochschule einen Kollegen völlig unvermittelt wie im Blutrausch – vor den Augen von Kommissar Klaus Borowski und seiner Kollegin Mila Sahin, die die Ausbildungseinheit leitet.

Gesucht wird in diesem beklemmenden Krimi also nicht die Täterin, sondern das Motiv, das den Gewaltakt auslöste. Der preisgekrönte Regisseur Hüseyin Tabak („Gipsy Queen“), ein Ostwestfale mit türkisch-kurdischem Background, legte mit „Borowski und der Fluch der weißen Möwe“ sein Fernsehdebüt hin. Eines, das sich sehen lassen kann.

Der rasante Auftakt, der in den ersten zwanzig Minuten den Puls beim Zuschauen nach oben treibt, wird von einer kammerspielartigen dichten Inszenierung wieder beruhigt. Spannend ist dieser Fall, der die fatalen Folgen einer vergangenen Gewalttat eindringlich bebildert.

„Milberg und Bagriacik beweisen in dieser vierten gemeinsamen Episode, dass sie als Team auf Augenhöhe agieren und im Zusammenspiel die feinen Zwischentöne treffen“, schrieb unser Kritiker 2020. Der nächste Kieler „Tatort“ soll in der zweiten Jahreshälfte 2022 laufen. Unter dem Titel „Borowski und das hungrige Herz“ geht es um eine Erotikparty mit tödlichem Ende. Aktuell arbeitet das „Tatort“-Team an einem Krimi, der auf dem Festival-Gelände von Wacken spielt.

Artikel 3 von 4