„Die Menschen wollen nicht nur Ablenkung“

von Redaktion

„Sturm der Liebe“ hat Sendepause, dafür bittet das Erste ab heute für drei Wochen jeweils werktags um 15.10 Uhr ins neue „Wohnzimmer am Nachmittag“. Dort wartet das „Team Hirschhausen“ auf Zuschauerinnen und Zuschauer. Statt um Liebe und Leid im Fürstenhof geht’s in „generationsübergreifenden Gesprächen“ um körperliche und geistige Gesundheit, aber auch um „gesellschaftlich relevante Themen wie etwa nachhaltiges Leben“, wie es von den Machern heißt. Moderator ist Eckart von Hirschhausen, sonst mit Shows wie „Hirschhausens Quiz des Menschen“ eher am Samstagabend zur besten Sendezeit zu finden. Der 54-jährige Mediziner und Entertainer ist – das legt der Titel schon nahe – nicht allein zu Haus, zum festen Team gehören auch die Ärztin Yael Adler, ARD-Wettermann Sven Plöger, Kochprofi Philipp Zitterbart, Wissenschaftsreporterin Katharina Adick und die Seniorin Johanna Höfel.

Welches Publikum wollen Sie mit „Team Hirschhausen“ erreichen? Der Nachmittag ist sicher kein leichter Sendeplatz, zumal viele erst mal die tägliche Serie erwarten werden…

Nachmittagsfernsehen hat ja verschiedene Aspekte. Ich bin überzeugt davon, dass die Menschen nicht nur Ablenkung und heile Welt wollen, sondern auch verstehen möchten, was um sie herum passiert. Und die Welt wird ja immer komplexer.

Vorerst ist die Zahl der Ausgaben befristet – könnten Sie sich ein langfristiges Engagement am Nachmittag vorstellen?

Der Nachmittag bietet mir die Chance, ein neues Publikum zu erreichen. Die will ich natürlich nutzen. Und für alle, die zu der Zeit noch nicht einschalten können, gibt es die Sendung in der Mediathek.

Sie verbreiten in der Sendung gute Laune, dabei gibt es gefühlt mehr und mehr schlechte Nachrichten. Ein Widerspruch?

Wir versuchen, in der Sendung zu zeigen: Ja, die Zeiten sind nicht immer nur lustig – aber was uns zusammenhält, ist Engagement, nach vorne zu schauen und Teil der Lösung zu werden. Mit meinem anderen neuen Format „Wissen vor 8 – Erde“ zeige ich ja bereits, dass wir Gesundheit im 21. Jahrhundert nicht mehr nur auf den einzelnen Menschen beziehen können, sondern globaler denken müssen. Das hat die Pandemie gezeigt, die Flut im Ahrtal, die Hitzewellen, aber auch viele andere Phänomene der sogenannten planetaren Gesundheit. Gesunde Menschen gibt es nur auf einer gesunden Erde.

Menschen, die den Öffentlich-Rechtlichen kritisch gegenüberstehen, sind der Meinung, das Fernsehen berichte nicht wahrheitsgemäß, zum Beispiel über die Pandemie, oder versuche, die Menschen umzuerziehen, zum Beispiel, was Maßnahmen gegen den Klimawandel betrifft. Was entgegnen Sie denen?

Ich bin ein Fan von konstruktivem Journalismus. Also nicht: „Ach, es ist alles so furchtbar!“ Sondern: „Wir können eine Menge toller Dinge tun. Für uns, die Gesundheit, die Gesellschaft und eine enkeltaugliche Zukunft.“ Wir müssen uns darüber Sorgen machen, dass sich so viele Leute vom wissenschaftsbasierten Denken verabschieden. Ich finde, dass man dieser Entwicklung viel entschiedener entgegentreten muss. Auch deshalb, weil sie für unsere Entscheidungen, unsere Demokratie und auch für unsere Gesundheit verheerend ist. Es gibt ein Recht auf eigene Meinung, aber kein Recht auf eigene Fakten. Ich finde, es ist eine Aufgabe von öffentlich-rechtlichem Fernsehen, für mehr Aufklärung zu sorgen.

Wie sieht es eigentlich mit der Nachhaltigkeit bei Fernsehproduktionen wie dieser aus?

Wir geben in der Sendung nicht nur Tipps, wie man nachhaltiger lebt, sondern achten darauf, dass wir selbst nicht unnötig Ressourcen verballern. Wir essen gesundes Zeug, und unsere Gäste werden nicht eingeflogen. Philipp Zitterbart zeigt bei „Team Hirschhausen“, wie man sich nach dem Grundsatz ernährt: gut für mich und gut für die Erde. Damit schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe. Fleisch ist in der Menge, die wir im Moment essen, für den menschlichen Körper nicht gesund, für die Tiere eine Qual und für die Erde eine massive Belastung.

Viele Wissenschaftler sind überzeugt davon, dass die Klimakatastrophe, sofern nicht sofort gegengesteuert wird, nicht mehr abzuwenden ist. Sie auch?

Wir haben das Potenzial, einen Riesenschritt nach vorne zu machen, wenn wir uns ein bisschen anstrengen. Um das zu schaffen, muss man alle gesellschaftlichen Gruppen ins Boot holen – auch Menschen, die nachmittags um 15.10 Uhr hoffentlich den Fernseher einschalten.

Das Gespräch führte Rudolf Ogiermann.

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