Ein Konzern wie Teflon

von Redaktion

Der Thriller „Vergiftete Wahrheit“ erzählt von einem Umweltskandal nach einer wahren Begebenheit

VON MICHAEL KIENZL

Anwalt Robert Bilott (Mark Ruffalo) will den aufgebrachten Wilbur Tennant (Bill Camp) eigentlich schnell abwimmeln. Der Bauer aus der Kleinstadt Parkersburg (US-Bundesstaat West Virginia) steht im Jahr 1998 mit einer Kiste voller Videokassetten in seiner Kanzlei und behauptet, dass das Massensterben seiner Kühe etwas mit dem dort ansässigen Chemiekonzern DuPont zu tun habe.

Obwohl Robert solche Unternehmen normalerweise vertritt und nicht verklagt, macht er eine Ausnahme. Immerhin wohnt seine Mutter ebenfalls in Parkersburg. Was mit einer kleinen Gefälligkeit beginnt, führt schließlich zur Aufdeckung eines der größten Umweltskandale in der Geschichte der USA. Aus dem Fall des Landwirts gegen den Chemiekonzern entwickelt sich ein Rechtsstreit, der sich fast 20 Jahre hinziehen wird – und den Regisseur Todd Haynes in diesem beklemmenden Justizthriller nachzeichnet. „Vergiftete Wahrheit“ aus dem Jahr 2019 zeigt das Erste heute um 22.50 Uhr.

Darin droht die Recherche zur Sisyphosarbeit zu werden. Verloren steht Bilott in einem Zimmer voller Kartons, die mit wissenschaftlichen, für Laien kaum lesbaren Unterlagen gefüllt sind. Der Konzern hat sie ihm in der Überzeugung überlassen, der Anwalt werde vor der Fülle des Materials kapitulieren. Doch Bilott stößt in den Papieren immer wieder auf die Bezeichnung PFOA (Perfluoroctansäure) – eine Chemikalie, die hochgradig krebserregend ist und nicht nur Kühe tötet. Als Teflon ist sie in Form von Pfannen und Teppichen längst in Millionen von Haushalten zu finden.

So spektakulär der reale Rechtsstreit auch war – Haynes macht daraus kein klassisches Hollywoodkino, sondern bleibt seinem realistischen Stil verpflichtet. Hier und da hätte „Vergiftete Wahrheit“ vielleicht etwas mehr Tempo vertragen, doch erst die behutsame Erzählweise offenbart, wie zermürbend die Arbeit ist, die Bilotts Leben immer stärker bestimmt, seine Ehe mit Sarah (Anne Hathaway) und seine Gesundheit gefährdet.

Am Ende hat sich die Erschöpfung vollends ins Spiel von Mark Ruffalo eingeschrieben. Ein Bild, mit dem Haynes verdeutlicht, dass der Kampf um Gerechtigkeit eine Körper wie Seele ruinierende Anstrengung ist.

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