Für die einen sind sie Lebensraum, für die anderen ein gigantischer Abenteuerspielplatz – die Alpen. Ein geografischer Begriff, bei dem die Bilder schon im Kopf sind, bevor der Film losgeht. Und richtig, dieser erste Teil der ZDF-Reihe „Gebirgswelten“, zu sehen heute um 22.15 Uhr, bietet genau das, was wohl die meisten Zuschauerinnen und Zuschauer erwarten – schroffe Gipfel, atemberaubende Panoramen. Die Autoren, Stefan Leifert und Nicolai Piechota, wollen mit ihrer Dokumentation die Frage beantworten, warum dieses Gebirge Jung und Alt so fasziniert. Dazu treffen sie Menschen, „die sich ein Leben ohne ihre Berge nicht vorstellen können“.
Beispielsweise das Ehepaar Christoph und Ulli Erd, das in der Nähe von Bad Hindelang im Allgäu eine Berghütte betreibt. Der Film zeigt, wie die Hütte mit viel Aufwand renoviert und modernisiert wird. Alles, was dazu nötig ist, muss „eingeflogen“ werden, denn eine klassische Straße gibt es nicht. Neue Bäder, eine neue Küche, ein neuer Gastraum – für die Erds gilt, was für fast alle in diesem Film Porträtierten gilt, nämlich dass sie „den Anschluss nicht verlieren“ wollen. Die Touristen werden anspruchsvoller, wer hier vom Tourismus lebt, muss kreativ sein, koste es, was es wolle.
Das gilt auch für den Dachstein an der Grenze zwischen Oberösterreich und der Steiermark, wo in den immer länger werdenden Sommern „die Bretter gegen die Bikes getauscht“ werden. Statt der Ski- sieht man nun die Radfahrer aufsteigen und über die grünen und braunen Hänge wieder hinabflitzen. Dass es da Konfliktpotenzial gibt, zwischen Bikern und Wanderern einerseits und zwischen Bikern und Bergbauern andererseits, schneiden Leifert und Piechota an, allerdings – so suggeriert der Film – alles halb so schlimm. Man muss halt Kompromisse finden.
Überhaupt hat die Produktion viel von einem Werbefilm, man sieht nonstop Postkartenidyllen, auf denen Wolken über schneebedeckte Berge hinwegziehen, es ertönt Monumentalmusik. Dazu Sätze, die die Bilder nicht unbedingt beglaubigen: „In den Bergen findet man noch Einfachheit und Einsamkeit“. Nur als es um die unaufhaltsam schmelzenden Gletscher geht, ändert sich der Ton, werden die Bilder drastischer. Es tropft, fließt, plätschert, ein, so wörtlich, „Besuch am Sterbebett des Gletschers“, es ist der Gepatschferner in Tirol. Es sei krass, „welche Geschwindigkeit das angenommen hat“, sagt der Geograf Florian Haas von der Universität Eichstätt nachdenklich.
Ganz bei den Menschen sind die „Gebirgswelten“ immer dann, wenn sie einzelne Personen in den Fokus rücken, Maike Schubert aus Leipzig, die im Chiemgau eine Heimat gefunden hat und sich bei der Bergwacht engagiert, Lorenz Bär, der am Walchensee als Fischer arbeitet, Andy Holzer, der als blinder Bergsteiger gemeinsam mit einem Freund die Gipfel der Dolomiten erklimmt. Vor allem Letzterer habe ihn „wirklich beeindruckt“, so Co-Autor Leifert.
Rund 100 Millionen „Gäste“ haben die Alpen jährlich, rechnen die Macher vor. Ihr Film könnte dafür sorgen, dass es noch ein paar mehr werden.
Zwei weitere Dokus
beschäftigen sich mit den Anden (4. August, 22.15 Uhr) und mit den Rocky Mountains (11. August, 22.40 Uhr).