In der Krise beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) rund um die fristlos entlassene Intendantin Patricia Schlesinger arbeiten Vertreter der Kontrollgremien an einer Interimslösung an der Senderspitze. Am Montag hatte sich der RBB-Verwaltungsrat für die Berufung eines Interims-intendanten ausgesprochen, um den öffentlich-rechtlichen ARD-Sender geschäftsführend aus der Krise zu führen. Für den Dienstag war ein Gespräch zwischen RBB-Gremienvertretern und Ländervertretern in der Staatskanzlei in Potsdam geplant, um über den weiteren Fahrplan zu sprechen.
„Die Rechtsaufsicht über den RBB, die derzeit beim Land Brandenburg liegt, ist für die Gremien des RBB in dieser Funktion stets ansprechbar. In diesem Rahmen ist auch der heutige Termin mit den amtierenden Gremienvorsitzenden zu sehen“, teilte ein Regierungssprecher am Dienstag mit. Am Donnerstag trifft sich das zweite Kontrollgremium, der Rundfunkrat. Aktuell führt der nach RBB-Angaben derzeit krankgeschriebene Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter die Geschäfte, der wegen der Aufarbeitung der Krise um Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen Schlesinger allerdings ebenfalls in der Kritik steht.
Die Entscheidung, Schlesinger fristlos zu entlassen und ihr auch keine Abfindung zu zahlen, sei mehrheitlich gefallen, hieß es vom Verwaltungsrat. Man wolle die Rechte des RBB gegenüber der 61-Jährigen im Interesse der Beitragszahler bestmöglich wahren. Zudem solle Schlesinger, deren Jahresgrundgehalt zuletzt bei 303 000 Euro lag, auch keine Pensionsansprüche aus ihrer RBB-Zeit erhalten. Die ehemalige Journalistin, die in dieser Zeit unter anderem das NDR-Politmagazin „Panorama“ moderiert und als Auslandskorrespondentin unter anderem aus Washington berichtet hatte, war vor einer Woche vom Rundfunkrat bereits von ihrem Chefposten abberufen worden.
Der Verwaltungsrat äußerte sich auch zu der Idee einer Interimsführung für den Sender. Man sei der Überzeugung, dass die Strukturanalyse und Neuaufstellung nur glaubwürdig durch externe Unterstützung gelingen kann, sagte dessen amtierende Vorsitzende Dorette König. Man wolle in den nächsten Tagen einen Fahrplan dafür entwickeln. Man habe die aktuelle RBB-Geschäftsleitung zugleich gebeten, zur Sicherstellung der Stabilität ihre Aufgaben zunächst weiter wahrzunehmen. Schlesinger sieht sich seit Ende Juni durch Berichte vor allem des Branchendienstes „Business Insider“ zahlreichen Vorwürfen der Vetternwirtschaft und der Verschwendung ausgesetzt. Sie war seit Jahresbeginn turnusgemäß ARD-Vorsitzende und seit 2016 RBB-Intendantin, außerdem seit drei Jahren Aufsichtsratsvorsitzende der ARD-Filmfirma Degeto. ANNA RINGLE