Belastungsprobe

von Redaktion

Angesichts der Preisexplosionen werden Rufe nach Einfrieren des Rundfunkbeitrags laut

VON ANNA RINGLE UND RUDOLF OGIERMANN

Idealerweise macht die ARD durch ihr Programmangebot von sich reden, seit einigen Wochen nun schon kommt der Senderverbund jedoch durch die Affäre rund um Vetternwirtschaft und Verschwendung beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) nicht aus den Schlagzeilen, durch Meldungen über Entlassungen, Beurlaubungen und interne Untersuchungen, nicht nur in Berlin und Potsdam, sondern zuletzt auch beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) in Hamburg (wir berichteten). So war es nur eine Frage der Zeit, bis sich auch die Politik zu Wort meldete und das Reizthema Rundfunkbeitrag ansprach, schließlich erfolgt auch die Bezahlung der Intendantinnen und Intendanten aus Gebührengeldern. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder schlug jetzt vor, den Obolus – derzeit 18,36 Euro monatlich pro Haushalt – einzufrieren. Darüber müsse man angesichts der Belastungen der Bürgerinnen und Bürger nachdenken, sagte Söder der „Bild“-Zeitung.

Allerdings steht eine Erhöhung des Beitrags derzeit nicht an, die laufende Gebührenperiode dauert bis Ende 2024, weswegen Söders Vorstoß wohl auch mit Blick auf die Landtagswahl in Bayern im kommenden Jahr erfolgt ist. Wie genau sich der CSU-Politiker ein solches „Einfrieren“ vorstellt, sagte er nicht, sprach sich jedoch ferner für ein neues Regelwerk mit Veröffentlichungspflichten aller Nebeneinkünfte der Verantwortlichen aus: „Dabei gilt es, sich die Regeln für Abgeordnete der Parlamente zum Vorbild zu nehmen. Dazu gehört auch eine Obergrenze der Gehälter und eine generelle Beschränkung von Nebentätigkeiten.“

Bayerns Landesvater, der einst ein Volontariat beim Bayerischen Rundfunk (BR) absolvierte, ist allerdings nicht der erste Länderchef, der das Thema Rundfunkbeitrag anspricht. Bereits vor Wochen hatte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) – unter dem Eindruck der Krise beim RBB – der „Welt am Sonntag“ gesagt, dass eine Beitragserhöhung auf absehbare Zeit kaum vermittelbar wäre. Sowohl Söder als auch Haseloff sitzen im ZDF-Verwaltungsrat, der die Finanzen des Mainzer Senders überwacht.

Die Festlegung des Rundfunkbeitrags ist komplex. Die Staatsferne soll gewährleistet bleiben, weswegen eine direkte Einflussnahme der Länder auf die öffentlich-rechtlichen Sender ausgeschlossen ist. Sie geben – über Staatsverträge – lediglich den Auftrag und legen die grobe Struktur von ARD, ZDF und Deutschlandradio fest, etwa die Zahl der Programme. Um konkrete Inhalte geht es nicht. Die Anstalten machen dann eine Kostenaufstellung. Ein unabhängiges Gremium – die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Öffentlich-Rechtlichen (KEF) – prüft die Anmeldungen, nimmt Streichungen vor und schlägt anschließend die Höhe des Rundfunkbeitrags vor. Die Länder orientieren sich eng am KEF-Vorschlag und legen die Höhe fest – einstimmig. Der derzeitige Beitrag bescherte den Öffentlich-Rechtlichen im vergangenen Jahr immerhin 8,5 Milliarden Euro, hinzu kamen Werbeeinnahmen in Höhe von rund 600 Millionen Euro.

Der Reformwille der Politik ist trotz dieser Zahlen gering, einmal abgesehen von der von Zeit zu Zeit erhobenen Forderung, das Erste als deutschlandweit verbreitetes Programm abzuschaffen. Keine Partei – außer der AfD – will den jeweils eigenen Landessender zur Disposition stellen. Dass ein auf Dauer eingefrorener Beitrag und ein gleichbleibendes Angebot nicht zusammenpassen, unterstrich jüngst die KEF im Landtag von Sachsen-Anhalt. KEF-Mitglied Kay Barthel, zugleich Präsident des Landesrechnungshofes, äußerte sich mit Blick auf die Beitragshöhe an die Politik gewandt: „Sie müssen wissen, was Sie bestellen.“ Beitragssteigerungen auszuschließen und gleichzeitig alles so zu lassen, wie es ist, sei unmöglich.

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