Der Feind in der Familie

von Redaktion

„In falschen Händen“ – packender ZDF-Thriller um eine undurchschaubare Kinderfrau

VON KATHARINA DOCKHORN

In einer spärlich beleuchteten Garage flieht Manu (Katharina Schlothauer) panisch vor einem Mann. Plötzlich fällt ein Schuss. Sie versteckt sich hinter einem Auto und kann schließlich ins Freie entkommen. Die junge Frau ist auf der Flucht.

Daher ahnt der Zuschauer nichts Gutes, als er der Vorgeschichte folgt: Manu sitzt auf einem Kinderspielplatz – obwohl sie kein Kind hat. Dort freundet sie sich mit der zweifachen Mutter Nika (Pegah Ferydoni) an. Sie ist seit Langem zwischen ihrer stagnierenden Karriere als Designerin und der Sorge um ihre Kinder hin- und hergerissen, die sie ohne die Hilfe ihres voll berufstätigen Mannes Tom (Florian Stetter) stemmt.

Manus Angebot, auf die Kinder aufzupassen, nimmt sie mit Kusshand an. So beginnt der düstere ZDF-Thriller „In falschen Händen“, bei dem leider schon der Titel verrät, in welche Richtung sich die Handlung entwickelt. Mark Monheim inszenierte den Film, den das Zweite heute um 20.15 Uhr zeigt,nach einem Buch von Holger Joos.

Manu wird für das Paar bald unverzichtbar. Sie kommt, wenn Nika berufliche Termine wahrnimmt. Sie hat Zeit, wenn die beiden endlich wieder einen trauten Abend zu zweit verbringen wollen oder wenn Freunde zu Besuch sind. Die Eltern sind zufrieden mit der Wahl, denn Sohn Leon (Sole Inan Aktas) hat bald einen engen Draht zu Manu. Und auch seine kleine Schwester, die noch nicht einmal ein Jahr alt ist, wähnen sie in guten Händen.

Alle Fragen zu Manus Herkunft und Qualifikation verblassen angesichts des vermeintlichen Glücksgriffs. Doch der Zuschauer sieht auch ihre seelische Not, wenn sie das Haus der Familie verlässt. Offenbar wird sie von einem Mann verfolgt. Wer ist dieser Stefan (Aurel Manthai) ein ehemaliger, hartnäckig um seine Liebe kämpfender Verehrer, der sie stalkt und ihre Bitten ignoriert, sie in Ruhe zu lassen? Wird er zu einer Gefahr für die Kinder? Oder bildet sich Manu die Verfolgung nur ein?

Der bis zur letzten Minute spannende Thriller spielt mit den Erwartungen der Zuschauer. Wir erinnern uns an legendäre US-Filme wie „Die Hand an der Wiege“, Storys um bösartige Kindermädchen oder Geschichten von Verfolgern, die keine Grenzen kennen.

Berufstätige Mütter erkennen sehr gut den Konflikt, in dem Nika steht. Trotz aller Schwüre, die Kinder gemeinsam zu erziehen, steckt sie alleine zurück. Jeden Tag steigt die Angst, beruflich den Anschluss zu verpassen. Nach Nikas Rückkehr in den Job nimmt ihre Arbeitgeberin keinerlei Rücksicht auf ihre familiäre Situation. Sie muss ständig erreichbar sein. Gleichzeitig sind bezahlbare Betreuungsplätze knapp und die Sorge um die Kinder groß.

Die gute Verortung des Ausgangspunktes der Handlung ist ebenso ein Pluspunkt des Films wie das Spiel von Pegah Ferydoni, die Nikas spätere Zerrissenheit zwischen Job und Muttersein und ihre wachsende Eifersucht auf Manu überzeugend rüberbringt. Zugleich schafft es Katharina Schlothauer, den Seelenzustand Manus transparent zu machen. In der Familie ist sie das nette Kindermädchen, doch sobald sie die Haustür hinter sich schließt, wird sie von massiven Angstzuständen gebeutelt.

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