Schatten der Vergangenheit

von Redaktion

Die großartige ARD-Krimiserie „Lauchhammer“ ist ein Brückenschlag zwischen DDR und heute

VON KATHARINA DOCKHORN

Eine junge Frau liegt tot am Seeufer. Ihr Körper wurde offenbar aus dem Wasser gezerrt. Die heimische Polizei um Andre Pötschke (Marc Hosemann) hat das Gelände abgesperrt. Trotzdem zertrampeln Schaulustige wichtige Spuren und beobachten neugierig die Spurensicherung. Sehr zum Ärger von Maik Briegand (Misel Maticevic, bekannt aus „Im Angesicht des Verbrechens“, „Babylon, Berlin“, „Oktoberfest 1900“) und seiner spröden Kollegin Annalena Gottknecht (Newcomerin Odine Johne). Die Kommissare aus Cottbus und Leipzig übernehmen die Ermittlungen in der herausragenden Krimiserie „Lauchhammer“, die heute im Ersten startet.

Briegand verließ nach der Wende seine Heimat in der Niederlausitz, um der drückenden Atmosphäre zu entfliehen. Mutter und Stiefvater (Petra Kelling, Christian Grashoff), Bruder (Christian Kuchenbuch), Ex-Frau (Julischka Eichel) und Tochter (Ella Lee) leben noch heute dort. Diese Familienkonstellation ist eine der Triebfedern der Handlung in der hochkarätigen Miniserie, die Till Franzen nach einem Buch von Frauke Hunfeld und Silke Seitz inszenierte. Die ARD strahlt die jeweils 45-minütigen Folgen im Doppelpack an drei Mittwochabenden um 20.15 Uhr hintereinander aus. In der ARD-Mediathek sind alle Folgen bereits jetzt abrufbar.

Die Serie führt in eine Region im Umbruch. Die Tagebaue haben die Lausitz in eine Mondlandschaft verwandelt. Doch die Tage der Braunkohle sind gezählt. In den kilometerlangen, tiefen Gruben entsteht seit Jahrzehnten die „Lausitzer Ostsee“. Die Menschen müssen sich neu orientieren, so wie sie es vor 30 Jahren schon einmal mussten, als die Wende ihr Leben veränderte. Aber die vertuschten Geheimnisse von früher beeinflussen das Geschehen und bestimmen das Handeln von heute.

Unter den Verdächtigen ist auch Briegands Jugendfreund Oliver (Lukas Gregorowicz), der unter einem Trauma leidet, an dessen Entstehen sich auch Briegand nur ungern erinnert. Im Gegensatz zu seiner Kollegin Gottknecht will er auch nicht ausschließen, dass ein nie gefasster Sexualtäter erneut sein Unwesen treibt. Briegands Vater Karl (Uwe Preuss), in dessen Fußstapfen er einst im Ort treten wollte, verzweifelte, weil er in den Achtzigern den Mord an einer jungen Frau nicht aufklären konnte. Stasi und Vorgesetzte zogen die Ermittlungen an sich; die Eltern des Opfers leben bis heute im Ungewissen. Die Tat wurde vertuscht, niemand wollte die Bevölkerung beunruhigen. Während die Verantwortlichen für das Schweigen nach der Wende Karriere machten, fand Karl seinen einzigen Freund im Alkohol. Wie damals sind auch heute die Kollegen vor Ort alles andere als begeistert, dass sie Verstärkung von den Experten erhalten. Womit ein weiteres Spannungsfeld aufgebaut ist.

Till Franzen fügt die verschiedenen Fäden zu einer stringenten, packenden und düsteren Story zusammen, die den Zuschauer wie in einem Sog in die Handlung hineinzieht. Zugleich wird das Wiederauftauchen von Maik zum Beginn des Aufbrechens von Verkrustungen und Anstoß für Veränderungen für den Einzelnen. Eine unbedingt sehenswerte Serie!

„Lauchhammer“

Die ARD zeigt die sechs Episoden in Doppelfolgen ab diesem Mittwoch um 20.15 Uhr sowie in der Mediathek.

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