Sein Name steht für große Schauspielkunst – und für Mord und Totschlag. Ulrich Noethen ist so etwas wie der König der Krimis im deutschen Fernsehen. Kaum ist die mordserfolgreiche Reihe „Neben der Spur“ zu Ende, hat der 62-jährige gebürtige Münchner schon die nächste spannungsgeladene Produktion an der Angel. Am morgigen Samstag ist Noethen um 20.15 Uhr im ZDF zum ersten Mal als LKA-Ermittler Jakob Stiller zu sehen, der im niedersächsischen Wendland Verbrechen aufklärt.
In Ihrem neuen Samstagskrimi spielen Sie einen Ermittler, der einen brisanten Krimi geschrieben hat. Selbst schon mal daran gedacht, einen Krimi zu schreiben?
Man denkt ja im Leben über viele Sachen nach, und vielleicht habe ich irgendwann auch mal mit dem Gedanken gespielt, selbst ein Buch zu schreiben. Aber auf Überlegungen dieser Art gab es immer eine klare Antwort – und die lautet Nein.
Und wie sieht es mit Memoiren aus?
Ich hoffe, dass dieser Kelch an mir und vor allem an meiner Umwelt vorübergeht. (Lacht.) Ich glaube, wenn jemand ein wildes und aufregendes Leben geführt hat und vielleicht sogar weltbewegende Dinge erlebt hat, dann kann er das der Nachwelt mitteilen und soll das ruhig aufschreiben. Aber das ist bei mir nicht der Fall.
Haben Sie denn als Schauspieler kein aufregendes Leben?
Nicht im Sinne von Sex and Drugs and Rock ’n’ Roll. Die Auseinandersetzung mit einer Rolle, die Umsetzung von geschriebenem Wort in Ton und Bild, die Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Spezialisten, das ist für mich aber nach wie vor aufregend.
Das gilt auch für die Arbeit am neuen Samstagskrimi, in dem Sie den leicht verschrobenen Kommissar Stiller spielen?
Unbedingt. Stiller war beim SEK und ist dann in die Asservatenkammer abgeschoben worden. Dort hat er festgestellt, dass die Beschäftigung mit den Dingen, die er dort vorfindet, seinen Blick erweitert. Die Dinge sprechen zu ihm. Die Menschen sprechen auch zu ihm, aber Stiller hat die Erfahrung gemacht, dass sie oft dummes Zeug erzählen. Indizien aber lügen nicht. Stiller ist desillusioniert, aber er hat bei weitem nicht resigniert. Uns war es wichtig, eine Figur zu finden, die ihrer Arbeit mit guter Laune nachgeht.
Warum ist das wichtig?
Wir wollten kein Sozialdrama, wir wollten keine Figur, der die deprimierende Last des Alltags ins Gesicht geschrieben steht. Wir wollten unterhaltend sein und mit dem Stiller eine Figur schaffen, die den Menschen und dem Leben mit einem inneren Lächeln gegenübersteht. Er ist ja vor allem ein sehr guter Beobachter.
Der Krimi spielt im Wendland, das in den späten Siebziger- und frühen Achtzigerjahren Schauplatz heftiger Proteste gegen das Atommüll- zwischenlager Gorleben war. Wie erinnern Sie sich an diese Zeit?
Damals ging ich noch zur Schule, in unserer Familie war vor allem meine große Schwester stark in der Anti-Atomkraft-Bewegung engagiert. Ich kann mich daran erinnern, dass es zu Hause viele Diskussionen gegeben hat.
Auf welcher Seite standen Sie?
Eindeutig auf der Seite der Leute, die gesagt haben, die Atomenergie ist zu gefährlich, zu teuer und mit ihren Hinterlassenschaften zu problematisch. Einen „Atomkraft? Nein danke!“-Button hatte ich allerdings nicht an der Jacke. (Lacht.)
Wie geht es nach diesem „Wendland“- Krimi weiter?
Wir werden diesen Herbst einen weiteren Film drehen, ab 2023 sollen es dann zwei pro Jahr sein. Ich freue mich darauf.
Das Gespräch führte Martin Weber.