Nicht weniger als 75 Jahre stand sie vor der Kamera. Dreimal war sie für einen Oscar nominiert, mehrfach für den Emmy. Gewonnen hat sie sechs Golden Globes und dazu fünf Tony Awards für ihre Bühnenauftritte. Im Juni – da war Angela Lansbury schon 96 Jahre alt – kam ein weiterer Tony hinzu, der für ihr Lebenswerk. Lansbury nahm die Trophäe nicht mehr persönlich entgegen. Schon damals waren Kollegen, Fans und Familie in Sorge – nun trauern sie um die Schauspielerin, die jetzt, nur fünf Tage vor ihrem 97. Geburtstag, gestorben ist.
Viele kennen und lieben die britisch-amerikanische Schauspielerin unter dem Namen Jessica Fletcher. Mit ihrer Hauptrolle in der Serie „Mord ist ihr Hobby“ (im Original „Murder, she wrote“) gewann Lansbury wohl die meisten Fans. Mit zwölf Jahren Laufzeit war es eine der erfolgreichsten Detektivserien des amerikanischen Fernsehens. Im Jahr 1996 löste Lansbury als neugierige Hobby-Ermittlerin ihren letzten Fall.
Geboren wurde sie 1925 im Londoner East End. Ihr Vater starb an Krebs, als sie noch ein Kind war. Ihre Mutter, die irische Schauspielerin Moyna MacGill, zog während des Zweiten Weltkriegs mit ihren vier Kindern erst nach New York, dann nach Los Angeles. Erste Erfahrungen mit der Bühne machte Lansbury als 16-Jährige mit Auftritten in Nachtclubs. Um die Engagements zu erhalten, gab sie 1921 als ihr Geburtsjahr an. Mit 17 jobbte sie in einem Kaufhaus, als ein Agent auf sie aufmerksam wurde. „In der einen Minute packe ich Weihnachtsgeschenke in einem Geschäft ein, in der nächsten Minute drehe ich mit Ingrid Bergman. Das grenzte an ein Wunder“, sagte Lansbury der „Daily Mail“ 2004 in einem Interview. Ihr erster Film, der Psychothriller „Das Haus der Lady Alquist“, in dem sie ein freches Dienstmädchen spielte, brachte Lansbury im Jahr 1945 gleich eine Oscar-Nominierung als beste Nebendarstellerin ein.
Auf diesen Traumstart folgte schon ein Jahr später die zweite Nominierung für den Horrorfilm „Das Bildnis des Dorian Gray“. Zum dritten Mal konnte Lansbury mit ihrer Rolle in dem Politthriller „Botschafter der Angst“, an der Seite von Frank Sinatra, auf einen Oscar hoffen. Im Wettbewerb ging sie zwar immer leer aus, aber die Filmakademie würdigte den Star schließlich 2013 mit einen Ehren-Oscar. Ein Jahr später kam noch der Titel „Dame“ dazu, nach Ehrung durch die britische Queen.
Mit 19 hatte Lansbury den viele Jahre älteren Schauspieler Richard Cromwell geheiratet, doch die Ehe hielt kaum ein Jahr. Cromwell war homosexuell. Im Jahr 1949 gab sie dem britischen Schauspieler und späteren Produzenten Peter Shaw das Jawort. Die Beziehung dauerte 54 Jahre – bis zu dessen Tod im Jahr 2003. Shaw brachte einen Sohn mit in die Ehe, zusammen hatten sie zwei Kinder.
In den Siebzigerjahren wurde die Schauspielerin mit Musicals wie „Gypsy“ und „Sweeney Todd“ am Broadway zum gefeierten Bühnen-star. Sie gehörte auch zur Starbesetzung von Kriminalfilmen wie „Tod auf dem Nil (1978) und „Mord im Spiegel“ (1980). Mit 60 Jahren, in einem Alter, in dem viele Schauspielerinnen über Rollenmangel klagen, kam Lansbury dann als Detektivin Jessica Fletcher groß raus. Die Serie war ein Familienprojekt. Sohn Anthony führte häufig Regie, Ehemann Peter war als Produzent an Bord.
Sie habe 264 Mordfälle gelöst und diese Rolle geliebt, erzählte Lansbury später strahlend. Auch deutsche Sender wurden auf die Produktion aufmerksam. Im Jahr 1988 zeigte die ARD 23 Folgen unter dem Titel „Immer wenn sie Krimis schrieb“, von 1990 bis 1996 sendete RTL die komplette Serie dann in einer neuen Synchronfassung unter dem Titel „Mord ist ihr Hobby“.
Mit einer Rolle in dem Fantasymärchen „Eine zauberhafte Nanny“ meldete sich Lansbury im Jahr 2005 nach längerer Pause zurück. Mit 89 trat sie in dem Bühnenstück „Blithe Spirit“ in London auf und holte 2015 prompt einen Olivier Award, den wichtigsten Theaterpreis Großbritanniens. Drei Jahre später war sie dann noch einmal als Luftballonverkäuferin in dem Musikfilm „Mary Poppins’ Rückkehr“ im Kino zu sehen.