Königliche Zahlen

von Redaktion

Deutsche Fernsehserien wie aktuell „Die Kaiserin“ werden weltweit gestreamt

VON GREGOR THOLL

Elisabeth und Franz-Joseph gehen gerade um die Welt, die Serie „Die Kaiserin“ mit Devrim Lingnau und Philip Froissant steht derzeit unter allen nicht-englischsprachigen Netflix-Serien weltweit auf Platz eins. Die Wahrnehmung deutschen Fernsehstoffs hat sich ganz offensichtlich weltweit gewandelt. Wenn auch Stephen King, einer der meistgelesenen Autoren der Welt, eine deutsche Serie lobt, wie er es neulich mit der Netflix-Produktion „Kleo“ tat ), dann muss in der Tat etwas passiert sein in der Bundesrepublik. Denn Deutschland, das war doch angeblich immer das Land der langweiligen Serien.

Die Zeit der Biederkeit scheint jedoch passé. Das hat mit einer Entwicklung zu tun, die vor fünf Jahren begann. Im Herbst des Jahres 2017 startete bei Sky „Babylon Berlin“ und außerdem mit „Dark“ die erste Netflix-Serie, die in Deutschland entwickelt und produziert wurde. Sie wurde zum globalen popkulturellen Phänomen. Auch „Kleo“ hat das Zeug zur Kultserie. Die kreativen Köpfe hinter der Serie mit Jella Haase als Auftragskillerin der Stasi, die nach dem Ende der DDR auf einen Rachefeldzug geht, sind Hanno Hackfort, Richard Kropf und Bob Konrad, die schon hinter „4 Blocks“ und „Para – Wir sind King“ steckten. Und ganz bald dürfte wieder global für eine Netflix-Produktion aus Deutschland geschwärmt werden – für „1899“, die neue Mysteryserie der „Dark“-Macher Jantje Friese und Baran bo Odar. Sie startet am 17. November.

Doch wie wurde dieses neue deutsche Serienzeitalter entfesselt? Ein Vierteljahrhundert ist es her, dass Netflix in den USA als DVD-Verleih gegründet wurde. Vor elf Jahren kündigte das Unternehmen an, eigene Inhalte zu produzieren. Bald darauf ging die erste Staffel von „House of Cards“ online – und zwar gleich alle Folgen, was klarmachte, dass Streaming den Konsumenten mehr Freiheit als das klassische Fernsehen bieten wollte. Wenig später folgte „Orange is the new Black“ als zweites sogenanntes Netflix-Original. Beide Serien wurden Welthits und veränderten die Unterhaltungsindustrie radikal. Sogenannte Edel- oder auch High-End-Serien, wurden spätestens jetzt zum Nonplusultra, auch wenn es schon Vorreiter wie „Breaking Bad“ im Fernsehen der USA gegeben hatte.

Netflix trat 2014 auch auf den deutschsprachigen Markt. Auch in Deutschland stieg nun der Druck, auf Qualitätsserien zu setzen. Nicht zuletzt wegen der Erwartung, dass es bald die Konkurrenz deutscher Netflix-Serien geben werde, tat sich die öffentlich-rechtliche ARD mit Sky für das Großprojekt „Babylon Berlin“ zusammen. Gerade startete die vierte Staffel. Sieben Jahre zuvor hatte die ARD dagegen noch eine fast traumatische Erfahrung mit dem Zehnteiler „Im Angesicht des Verbrechens“ von Dominik Graf gemacht. Sie lief im Ersten praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Beobachter fragten daraufhin, ob solche Serien jemals in Deutschland Erfolg haben und dann auch noch zum Exportschlager werden könnten.

Inzwischen haben die Suche nach aufsehenerregenden Serienstoffen, die verstärkte Koproduktion und der Ausbau von Online-Plattformen, um junge Zuschauerinnen und Zuschauer nicht vollends zu verlieren, bei den Sendern höchste Priorität. Und sieben Jahrzehnte nach den „Sissi“-Filmen mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm scheint derzeit auf der ganzen Welt wieder Kaiserin Elisabeth als Filmstoff willkommen zu sein. „Die Kaiserin“ stand jedenfalls in ihrer ersten Woche laut Netflix in 79, in ihrer zweiten Wochesogar in 88 Ländern in den Top Ten.

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